Wieso reist Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem Zug nach Kiew?

Heikler Besuch: Scholz nach der Ankunft auf dem Bahnhof in Kiew

Heikler Besuch: Scholz nach der Ankunft auf dem Bahnhof in Kiew

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zu Besuch nach Kiew gereist.

Gemeinsam mit dem italienischen Regierungschef Mario Draghi und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron will der Kanzler ein Zeichen für die Unterstützung der Ukraine setzen.

Auch wenn in Kiew länger nicht gekämpft wurde, ist die Region noch immer Kriegsgebiet. Das zeigte sich, als kurz nach Ankunft Luftalarm ausgelöst wurde.

Es ist ein mit Spannung erwarteter Besuch. Um 8.29 Ortszeit hielt der Zug, der Bundeskanzler Scholz, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Kiew brachte, im Bahnhof der ukrainischen Hauptstadt.

Die Ukrainer erhoffen sich Zusagen für neue schwere Waffen und ein politisches Signal, etwa, dass sich die drei für einen offiziellen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union einsetzen. Die Reise war beschwerlich, denn obwohl im Großraum Kiew seit Wochen nicht mehr gekämpft wird, ist weiterhin die gesamte Ukraine Kriegsgebiet. Das zeigte sich auch kurz nach der Ankunft in der ukrainischen Hauptstadt. Es wurde Luftalarm ausgelöst.

Lest auch

So erklärt sich auch, dass die Besucher aus Deutschland, Frankreich und Italien mit dem Zug anreisten, obwohl Scholz durchaus hätte den Flieger nehmen können. Denn während kommerzielle Flüge in die Ukraine laut Bundesverkehrsministerium verboten sind, gilt unter anderem für Regierungsvertreter eine Ausnahme. Das Risiko wollte man beim Team von Scholz aber offenbar nicht eingehen.

So flog Scholz am Mittwochabend mit seiner Regierungsmaschine ins ost-polnische Rzeszow, wie die „Bild“ berichtet. Von dort ging es per Auto in Richtung ukrainischer Grenze, wo er in den Zug stieg. Eine halbe Stunde nach ihm traf Macron ein, eine weitere Stunde später Draghi. Jeder der drei Spitzenpolitiker verfügte über einen eigenen Salonwagen, später trafen sie sich zu Gesprächen und einem Fototermin gemeinsam.

Lest auch

Ein Raketenwerfer der Bundeswehr vom Typ Mars, steht während der Informationslehrübung Landoperationen 2019 auf dem Übungsplatz.

Anders als im Flugzeug kann man weiterhin mit dem Zug nach Kiew reisen. Auf der Webseite der Deutschen Bahn wird eine Verbindung ab Berlin angeboten. Über Frankfurt/Oder und den polnischen Grenzbahnhof Przemysl geht es in insgesamt rund 24 Stunden nach Kiew. Wie teuer das Ticket ist, lässt sich online jedoch nicht in Erfahrung bringen. Das Auswärtige Amt weist auf seiner Internetseite darauf hin, dass alle Eisenbahnverbindungen durch den Krieg stark beeinträchtigt sind. Für die Einreise brauchen deutsche Staatsbürger kein Visum, jedoch einen gültigen Reisepass. Jedoch rät das Auswärtige Amt generell von Reisen in die Ukraine ab. Auf der Webseite heißt es: „Deutsche Staatsangehörige sind dringend aufgefordert, das Land zu verlassen.“

“>

Externer Inhalt nicht verfügbar

Deine Privatsphäre-Einstellungen verhindern das Laden und Anzeigen aller externen Inhalte (z.B. Grafiken oder Tabellen) und Sozialen Netzwerke (z.B. Youtube, Twitter, Facebook, Instagram etc.) Zur Anzeige aktiviere bitte die Einstellungen für Soziale Netzwerke und externe Inhalte in den Privatsphäre-Einstellungen.

Aktuelle News

Anderthalb Jahre arbeiteten Unterstützer an ihrer Rückkehr in die Spitzenpolitik: Wie es zum Comeback von Andrea Nahles kam

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Andrea Nahles gelten als langjährige Vertraute

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Andrea Nahles gelten als langjährige Vertraute

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Einst an der Spitze der SPD, dann parteiintern demontiert und entnervt aufgegeben – nun zurück: Die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit werden.

An dem Comeback arbeiteten namhafte Unterstützer seit fast anderthalb Jahren, wie Recherchen von Business Insider zeigen.

Schon Ex-Kanzlerin Angela Merkel soll eine Rückkehr unterstützen haben, was aber am Widerstand der Arbeitgeber scheiterte.

Es dürfte schon jetzt das Polit-Comeback des Jahres sein: Die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden. Darauf einigten sich am Dienstag Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter im Verwaltungsrat der BA, der mit rund 100.000 Beschäftigten größten Bundesbehörde Deutschlands.

Ihre Wahl im Verwaltungsrat ist damit reine Formsache. Zwar muss Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellvertretend für die Bundesregierung offiziell noch zustimmen. Doch eine Ablehnung gilt trotz des angeblich unterkühlten Verhältnisses zwischen den beiden als unwahrscheinlich, weil Heil damit den Verwaltungsrat düpieren würde. Wann genau Nahles den mit 400.000 Euro dotierten Job übernimmt, ist noch unklar. Der Vertrag des amtierenden BA-Chefs Detlef Scheele endet regulär voraussichtlich erst Mitte 2022.

Operation „Nahles“ dauerte anderthalb Jahre

Am Comeback von Nahles haben Vertraute fast anderthalb Jahre gearbeitet, allen voran der frühere BA-Chef Frank-Jürgen Weise sowie mehrere Gewerkschaftsvertreter, vor allem der DGB und IG Metall. Sie selbst soll dagegen eher zurückhaltend gewesen sein. Bereits im August 2020 hatte Business Insider exklusiv berichtet, dass der Verwaltungsrat seit Sommer 2020 Geheim-Gespräche zur Nachfolge von Scheele führte. Der ursprüngliche Plan: Noch vor der Bundestagswahl wollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Verwaltungsrat einigen, wer Scheele 2022 nachfolgt. Zu groß war die Sorge im Gremium, dass die Jobs im BA-Vorstand als politische Versorgungsposten missbraucht würden.

Lest auch

Tatsächlich schien die Sorge vor einer politischen Einflussnahme zwischenzeitlich auch nicht unbegründet zu sein. So habe Arbeitsminister Heil vor der Bundestagswahl intern eine seiner Staatssekretärinnen ins Spiel gebracht, heißt es aus Kreisen, die mit dem Auswahlprozess für einen neuen BA-Chef vertraut sind. Nachdem aber auch mehrere Managerinnen und Konzern-Vertreter absagten, war plötzlich Andrea Nahles im Rennen.

Die frühere SPD-Parteichefin und Fraktionsvorsitzende hatte sich nach einem historisch schlechten Ergebnis bei der Europawahl im Juni 2019 aus der Politik zurückgezogen. Monatelang war sie zuvor von innerparteilichen Gegnern attackiert worden, zog sich entnervt zurück.

Eine frühere Arbeitsministerin, die plötzlich in ihrem alten Ressort eine Behörde führen sollte? Unterstützer wie der frühere BA-Chef Frank-Jürgen Weise sollen im Kanzleramt vorgefühlt haben, heißt es. Denn der Schritt wäre historisch einmalig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), so heißt es von mehreren Quellen gegenüber Business Insider, gab jedoch grünes Licht – wobei es auch die gegenteilige Version gibt. So oder so: Am Ende scheiterte das Vorhaben am Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, einem einflussreichen Mitglied im Verwaltungsrat. Der legte laut damals Beteiligten sein Veto ein.

Lest auch

Doch je mehr andere Kandidaten absagten und die Zeit bis zur Wahl kürzer wurde, desto größer wurden am Ende die Chancen von Nahles. Denn klar war auch: Mit Daniel Terzenbach, der ein BA-Gewächs ist und im dreiköpfigen BA-Vorstand für den operativen Bereich tätig ist, hätte man zwar einen Kompromisskandidaten gehabt, auf den sich alle Beteiligten hätten gut einigen können. Doch mit 41 Jahren ist der zweifache Familienvater noch recht jung.

Am Ende spielte der überraschende Regierungswechsel im Herbst vorigen Jahres Nahles in die Hände. Denn bis heute gilt ihr Verhältnis zum neuen Kanzler Olaf Scholz (SPD) als sehr eng. Er soll die Personalie unterstützt haben. Die Arbeitgeberverbände ließen schließlich ihren Widerstand fallen, nachdem sie mit Arbeitnehmern und Regierung einen Deal schließen konnten. So soll der Vorstand auf vier Personen erweitert werden: Neben Terzenbach neu hinzu kommt Katrin Krömer, zehn Jahre bei der Unternehmensberatung McKinsey, dann stellvertretende Chefin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, zuletzt Personalentwicklungs-Chefin bei der Deutschen Bahn. Dazu Vanessa Ahuja, die über Parteigrenzen hinweg anerkannte Arbeitsmarkt-Abteilungsleiterin in Heils Arbeitsministerium. Beide Frauen wurden von den Arbeitgebern vorgeschlagen, die mit dem Gesamt-Personaltableau in ihren Augen Nahles „einmauern“ können.

Wie sehr die Arbeitgeber-Seite misstraut, sieht man übrigens auch an der Stellungnahme zur Causa Nahles. Anstatt zuerst die wichtigste Personalie zu kommentieren, erklärt Christina Ramb, stellvertrerende Vorsitzende des Verwaltungsrates und Verteterin dee Arbeitgeberseite: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Katrin Krömer und Vanessa Ahuja – zwei ausgewiesene Expertinnen in der Personal- und Arbeitsmarktpolitik gewinnen konnten. Gemeinsam mit Andrea Nahles und Daniel Terzenbach ist der Vorstand in diesem kompetenten Viererteam den enormen Herausforderungen, denen sich die Bundesagentur für Arbeit stellen muss, gewachsen.“ In der Stellungnahme der Arbeitnehmerverteter wird Nahles übrigens zuerst namentlich genannt.

Erstes Kanzler-Triell: An diese Spielregeln müssen sich Laschet, Baerbock und Scholz am Sonntagabend halten

Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock, (Grüne), Olaf Scholz (SPD) treten im Kanzlerduell an.
Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock, (Grüne), Olaf Scholz (SPD) treten im Kanzlerduell an.

picture alliance / Sven Simon, Malte Ossowski

Wer wird beim TV-Aufeinandertreffen der Kanzlerkandidaten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz in der wichtigen Wahlkampfphase den ersten Erfolg einfahren?

Vieles wird anders sein als bei den Duellen, die TV-Zuschauer in Deutschland bisher gewohnt waren. Zum ersten Mal treten an diesem Sonntagabend drei Kandidaten gegeneinander an.

Business Insider gibt einen Überblick über die Spielregeln, die im Studio der Privatsender gelten und welche Moderatoren bereitstehen, um auf deren Einhaltung zu pochen.

Das TV-Duell zweier Kanzlerkandidaten gehört in Deutschland zu den wichtigsten Momenten im Wahlkampf. Es gab schon einige Zweikämpfe – zum Beispiel Schröder gegen Stoiber, Schröder gegen Merkel oder zuletzt Merkel gegen Schulz. Jeder Wimpernschlag, jede Schweißperle, jede Sekunde, die es für eine Antwort zu lange braucht – TV-Kameras nahmen es für Millionen auf. Doch dieses Mal wird vieles anders sein, als das, was die Deutschen bislang gewohnt waren. Das Duell ist kein Duell mehr.

Gleich drei Mal werden vor der Bundestagswahl am 26. September die drei Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) in Redekämpfen bei großen Fernsehsendern aufeinandertreffen. Triell – das Wort ist in aller Munde. Der Duden führt es gar nicht in seiner Liste: „Es handelt sich um eine Neuschöpfung“, heißt es von Verlagsseite.

Dreimal stehen sich die Kandidaten in den kommenden Wochen gegenüber

Am Sonntag (29. August, 20.10 Uhr bis 22.00 Uhr) werden die privaten Sender RTL und NTV, die zu einer Senderfamilie gehören, knapp zwei Stunden lang das erste Triell in einem Berliner Studio live im TV-Programm und online zeigen. Das Moderatoren-Team besteht aus der ehemaligen „Tagesthemen“-Moderatorin und RTL-Neuzugang Pinar Atalay und RTL-Nachrichtenmann Peter Kloeppel. Im Anschluss gibt es eine Nachbesprechung unter anderem mit Fernsehmoderator Günther Jauch als Gast, wie RTL am Freitag ankündigte.

Im September werden ARD und ZDF und dann noch einmal die Fernsehsender ProSieben, Sat.1 und Kabel-Eins, die zu einer Gruppe gehören, mit eigenen Triellen folgen. Bislang war es so, dass sich private wie öffentlich-rechtliche Sender zu einem großen TV-Duell zusammenschließen mussten – da standen dann vier Moderatoren zwei Kandidaten gegenüber. Das galt eher als Kompromiss als eine Traumkonstellation. Dieses Mal können die Sender ein eigenes Profil zeigen.

Rundes Studio: Das Triell stellt die Sender aber auch vor Herausforderungen. Das fängt schon bei vermeintlich profanen Dingen an wie: Wie platziert man die Kandidaten im Studio? Der Chefredakteur Primetime bei RTL News, Michael Wulf, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben uns für ein rundes Studio entschieden, sodass wir in der Lage sind, immer wieder andere Führungs-Kamera-Positionen zu wählen.“ Bei den Duellen sei es so gewesen, dass man immer eine feste Führungs-Kamera auf die beiden Kandidaten gerichtet hatte. Jeder Kandidat habe ein Pult, auch die Moderatoren. „Jeder Kandidat wird am Ende ein Schlussstatement haben. Am Anfang wird allen die gleiche Frage gestellt.“

Der Ablauf: Die Historikerin Ulrike Ludwig von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, die zur Geschichte des Duells geforscht hat, sagte: „Der Ablauf beim Rede-Triell ist komplizierter: Auf Rede kann nicht einfach Gegenrede folgen wie bei einem Rede-Duell, weil noch ein Dritter da ist.“ Ludwig erläuterte auch: „Bei dem verbalen Triell geht es für die Teilnehmer darum, eine Sprachlosigkeit zu vermeiden. Es geht darum, den Angriff des Gegners durch einen Konter aufzufangen und zu zeigen, dass man beweglich und schlagfertig ist.“

Das Zeit-Problem: Zeit spielt als Ordnungsfaktor eine wichtige Rolle. Es war auch bisher schon so, dass die Kandidaten am Ende in etwa auf dieselbe Redezeit kommen sollten. Auch dieses Mal werden laut Wulf die Redezeiten der Kandidaten eingeblendet. Der Wissenschaftler Jürgen Maier mit Schwerpunkt politische Kommunikation von der Universität Koblenz Landau, betonte zum Unterschied zwischen Duell und Triell: „Das Auffälligste ist, dass die Kandidaten weniger Zeit haben werden. Das heißt, man muss fokussierter, klarer, präziser und gebündelter in seinen Aussagen sein. Man läuft sonst Gefahr, dass einem schneller das Wort entzogen wird als beim TV-Duell.“

Der lachende Gewinner: Bei einem Drei-Kandidaten-Konzept könnte es auch einen „lachenden Dritten“ geben, das könne der Fall sein, wenn ein Kandidat einen anderen angreift, erläuterte Maier. Wird sich das Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ bewahrheiten? Der Politikwissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen, Karl-Rudolf Korte, sieht eine weitere Auffälligkeit bei den diesmaligen Formaten. „Fast immer nutzt das Format den Unbekannten, den Neuen, die auf Augenhöhe mit dem Amtsinhaber debattieren. Das ist diesmal alles anders, da kein Titelverteidiger im Studio steht.“

Zielgruppe Briefwähler: RTL setzte nach eigenen Angaben auf das erste TV-Triell und auch auf den Zeitpunkt. Wulf sagte: „Uns war es wichtig, das erste Triell zu kriegen. Wir werden sehr viele Briefwähler haben, die sich sehr früh entscheiden müssen, das geht diese Woche los.“ Wissenschaftler Korte erläuterte: „Da die Anzahl der Briefwähler deutlich steigt, ist es potenziell möglich, nach der Sendung gleich zu wählen. Das erhöht die Wirkung der Trielle.“

Lest auch

cri/dpa

Kanzlerkandidaten zu Außenpolitik: So lief der erste Schlagabtausch von Baerbock, Laschet und Scholz

Die Spitzenkandidaten Armin Laschet (Union), Olaf Scholz (SPD) und die Spitzenkandidatin Annalena Baerbock (Grüne) im WDR-Studio
Die Spitzenkandidaten Armin Laschet (Union), Olaf Scholz (SPD) und die Spitzenkandidatin Annalena Baerbock (Grüne) im WDR-Studio

Screenshot/WDR

Wie wird der Wahlkampf? Wenn das erste Aufeinandertreffen der drei Kanzlerkandidaten Laschet, Scholz und Baerbock einen Vorgeschmack bietet, dann kann man sagen: sehr zivilisiert.

In einer Diskussionsrunde beim WDR ging es um die Europa- und Außenpolitik. Trotz teilweise sehr unterschiedlicher Meinungen, kam wenig Streit auf.

Grünen-Chefin Baerbock plädierte dafür, dass Deutschland weniger Geld für die Verteidigung sollte. Widerspruch kam von Unions-Kandidat Armin Laschet.

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat die Mitbewerber von Grünen und SPD, Annalena Baerbock und Olaf Scholz, aufgefordert, sich klar zum Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben zu bekennen. Er warf ihnen am Donnerstag in einer Diskussionsrunde des WDR-Europaforums vor, sie würden in dieser Frage „drumrumreden“. „Man kann doch, wenn man als deutscher Kanzler kandidiert, sagen, ich stehe zu dem, was Staaten international verabredet haben, oder man sagt, ich will davon weg.“

Es war das erste Aufeinandertreffen der drei Kanzlerkandidaten — wobei nur Baerbock und Scholz mit der Moderatorin im Studio saßen, Laschet war zugeschaltet. Der Ton blieb sachlich. Baerbock ließ es sich aber nicht nehmen, Laschet mehrmals genüsslich an das noch fehlende Wahlprogramm der Union zu erinnern. Weitere Diskussions- und Streitthemen waren unter anderem der Klimaschutz und die Migrationspolitik.

Mit dem Zwei-Prozent-Ziel haben sich die Nato-Staaten verpflichtet, darauf hinzuarbeiten, zwei Prozent ihres Bruttosozialprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland hat derzeit eine Quote von 1,56 Prozent, obwohl die für die Nato relevanten Ausgaben im Zeitraum von 2014 bis 2020 real um knapp 35 Prozent erhöht wurden.

Baerbock nennt Zwei-Prozent-Ziel der Nato „absurd“

Scholz betonte, er habe als Finanzminister dafür gesorgt, dass der Verteidigungshaushalt in jedem Jahr gestiegen sei. „Ich glaube, dass wir auch in Zukunft da Stück für Stück vorangehen müssen.“ Es sei richtig, mehr Geld für die Bundeswehr auszugeben. Scholz legte sich aber nicht dezidiert auf die zwei Prozent fest. Er wies darauf hin, dass ein Wirtschaftsboom im kommenden Jahr zur Folge hätte, dass der Prozentsatz selbst dann sinken würde, wenn Deutschland mehr Geld für Verteidigung ausgeben würde.

Dies zeige, wie „absurd“ dieses Ziel sei, sagte Baerbock. Sie teilte die US-Position, dass sich die Europäer mehr um ihre Sicherheit kümmern müssten, und regte an, Europa sollte für die Nato ein Cyber-Abwehrzentrum betreiben. „Das wird kosten. Das ist mein Vorschlag an die Amerikaner: Wir als Europäer finanzieren das als Lastenteilung innerhalb der Nato.“

Lest auch

Unterschiedliche Akzente setzten die drei Kanzlerkandidaten auch bei der Frage, ob die EU-Staaten mehr Beschlüsse mit Mehrheit statt einstimmig treffen können sollten. In der Praxis verhindert das in manchen Politikbereichen geltende Einstimmigkeitsprinzip immer wieder, dass die EU überhaupt gemeinsame Beschlüsse oder Positionen formuliert.

Scholz forderte insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie in der Finanzpolitik eine Abkehr davon. „Sonst werden wir immer damit kämpfen müssen, dass es einige Länder gibt, die zum Beispiel Steuerdumping zum Geschäftsprinzip erhoben haben und dann sagen: Wir stimmen nicht mit.“ Laschet sah hier vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik Handlungsbedarf. Baerbock warb für eine noch umfassendere Ausweitung — so seien etwa in der Umweltpolitik mit Mehrheitsentscheidungen europaweit höhere Standards geschaffen worden.

Laschet und Scholz werben beim Thema Migration für „Koalition der Willigen“

Beim Punkt Migration plädierten Laschet und Scholz gemeinsam dafür, nichts unversucht zu lassen, um doch noch eine europäische Lösung für die Verteilung und Aufnahme von Flüchtlingen zu erzielen. Das Problem sei, dass dies weiter eine Entscheidung der einzelnen Nationalstaaten sei, sagte Laschet. Solange Länder wie Polen und Ungarn nicht mitmachten, müssten andere Staaten mehr tun „und so eine Koalition der Willigen für die Menschen in Not schaffen“. Scholz betonte, es sie richtig, dass Deutschland bei dieser Aufgabe vorangehe. „Es bleibt dabei, dass wir dafür kämpfen, dass es eine gemeinsame Strategie der Aufnahme gibt.“

Lest auch

Baerbock betonte: „Ein freies Europa braucht natürlich eine gesicherte Außengrenze.“ Dies sei eine europäische Aufgabe und nicht die einzelner Mitgliedsstaaten.

jg/dpa

Este sitio web utiliza cookies para que usted tenga la mejor experiencia de usuario. Si continúa navegando está dando su consentimiento para la aceptación de las mencionadas cookies y la aceptación de nuestra política de cookies, pinche el enlace para mayor información.

ACEPTAR
Aviso de cookies