Anderthalb Jahre arbeiteten Unterstützer an ihrer Rückkehr in die Spitzenpolitik: Wie es zum Comeback von Andrea Nahles kam

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Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Andrea Nahles gelten als langjährige Vertraute

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Andrea Nahles gelten als langjährige Vertraute

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Einst an der Spitze der SPD, dann parteiintern demontiert und entnervt aufgegeben – nun zurück: Die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit werden.

An dem Comeback arbeiteten namhafte Unterstützer seit fast anderthalb Jahren, wie Recherchen von Business Insider zeigen.

Schon Ex-Kanzlerin Angela Merkel soll eine Rückkehr unterstützen haben, was aber am Widerstand der Arbeitgeber scheiterte.

Es dürfte schon jetzt das Polit-Comeback des Jahres sein: Die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden. Darauf einigten sich am Dienstag Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter im Verwaltungsrat der BA, der mit rund 100.000 Beschäftigten größten Bundesbehörde Deutschlands.

Ihre Wahl im Verwaltungsrat ist damit reine Formsache. Zwar muss Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellvertretend für die Bundesregierung offiziell noch zustimmen. Doch eine Ablehnung gilt trotz des angeblich unterkühlten Verhältnisses zwischen den beiden als unwahrscheinlich, weil Heil damit den Verwaltungsrat düpieren würde. Wann genau Nahles den mit 400.000 Euro dotierten Job übernimmt, ist noch unklar. Der Vertrag des amtierenden BA-Chefs Detlef Scheele endet regulär voraussichtlich erst Mitte 2022.

Operation „Nahles“ dauerte anderthalb Jahre

Am Comeback von Nahles haben Vertraute fast anderthalb Jahre gearbeitet, allen voran der frühere BA-Chef Frank-Jürgen Weise sowie mehrere Gewerkschaftsvertreter, vor allem der DGB und IG Metall. Sie selbst soll dagegen eher zurückhaltend gewesen sein. Bereits im August 2020 hatte Business Insider exklusiv berichtet, dass der Verwaltungsrat seit Sommer 2020 Geheim-Gespräche zur Nachfolge von Scheele führte. Der ursprüngliche Plan: Noch vor der Bundestagswahl wollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Verwaltungsrat einigen, wer Scheele 2022 nachfolgt. Zu groß war die Sorge im Gremium, dass die Jobs im BA-Vorstand als politische Versorgungsposten missbraucht würden.

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Tatsächlich schien die Sorge vor einer politischen Einflussnahme zwischenzeitlich auch nicht unbegründet zu sein. So habe Arbeitsminister Heil vor der Bundestagswahl intern eine seiner Staatssekretärinnen ins Spiel gebracht, heißt es aus Kreisen, die mit dem Auswahlprozess für einen neuen BA-Chef vertraut sind. Nachdem aber auch mehrere Managerinnen und Konzern-Vertreter absagten, war plötzlich Andrea Nahles im Rennen.

Die frühere SPD-Parteichefin und Fraktionsvorsitzende hatte sich nach einem historisch schlechten Ergebnis bei der Europawahl im Juni 2019 aus der Politik zurückgezogen. Monatelang war sie zuvor von innerparteilichen Gegnern attackiert worden, zog sich entnervt zurück.

Eine frühere Arbeitsministerin, die plötzlich in ihrem alten Ressort eine Behörde führen sollte? Unterstützer wie der frühere BA-Chef Frank-Jürgen Weise sollen im Kanzleramt vorgefühlt haben, heißt es. Denn der Schritt wäre historisch einmalig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), so heißt es von mehreren Quellen gegenüber Business Insider, gab jedoch grünes Licht – wobei es auch die gegenteilige Version gibt. So oder so: Am Ende scheiterte das Vorhaben am Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, einem einflussreichen Mitglied im Verwaltungsrat. Der legte laut damals Beteiligten sein Veto ein.

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Doch je mehr andere Kandidaten absagten und die Zeit bis zur Wahl kürzer wurde, desto größer wurden am Ende die Chancen von Nahles. Denn klar war auch: Mit Daniel Terzenbach, der ein BA-Gewächs ist und im dreiköpfigen BA-Vorstand für den operativen Bereich tätig ist, hätte man zwar einen Kompromisskandidaten gehabt, auf den sich alle Beteiligten hätten gut einigen können. Doch mit 41 Jahren ist der zweifache Familienvater noch recht jung.

Am Ende spielte der überraschende Regierungswechsel im Herbst vorigen Jahres Nahles in die Hände. Denn bis heute gilt ihr Verhältnis zum neuen Kanzler Olaf Scholz (SPD) als sehr eng. Er soll die Personalie unterstützt haben. Die Arbeitgeberverbände ließen schließlich ihren Widerstand fallen, nachdem sie mit Arbeitnehmern und Regierung einen Deal schließen konnten. So soll der Vorstand auf vier Personen erweitert werden: Neben Terzenbach neu hinzu kommt Katrin Krömer, zehn Jahre bei der Unternehmensberatung McKinsey, dann stellvertretende Chefin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, zuletzt Personalentwicklungs-Chefin bei der Deutschen Bahn. Dazu Vanessa Ahuja, die über Parteigrenzen hinweg anerkannte Arbeitsmarkt-Abteilungsleiterin in Heils Arbeitsministerium. Beide Frauen wurden von den Arbeitgebern vorgeschlagen, die mit dem Gesamt-Personaltableau in ihren Augen Nahles „einmauern“ können.

Wie sehr die Arbeitgeber-Seite misstraut, sieht man übrigens auch an der Stellungnahme zur Causa Nahles. Anstatt zuerst die wichtigste Personalie zu kommentieren, erklärt Christina Ramb, stellvertrerende Vorsitzende des Verwaltungsrates und Verteterin dee Arbeitgeberseite: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Katrin Krömer und Vanessa Ahuja – zwei ausgewiesene Expertinnen in der Personal- und Arbeitsmarktpolitik gewinnen konnten. Gemeinsam mit Andrea Nahles und Daniel Terzenbach ist der Vorstand in diesem kompetenten Viererteam den enormen Herausforderungen, denen sich die Bundesagentur für Arbeit stellen muss, gewachsen.“ In der Stellungnahme der Arbeitnehmerverteter wird Nahles übrigens zuerst namentlich genannt.

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