#Gastbeitrag – So kommen Startups jetzt wieder auf Wachstumskurs

Nach herausfordernden Jahren durch die Corona-Krise nimmt der wirtschaftliche Druck in Deutschland nicht ab. Die steigenden Leitzinsen machen Kredite auch für Unternehmer:innen und Investor:innen teuer. Von diesen Auswirkungen sind besonders Start-ups und Jungunternehmen betroffen, die häufig auf externe finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Auch für uns waren die letzten Jahre geprägt von globalen Krisen wie steigenden Energiekosten und Inflation. Wie wir diesen Herausforderungen begegnet sind und welche Learnings wir sammeln konnten, erzähle ich in diesem Gastbeitrag.

Laut des Startupdetectors im Handelsblatt haben allein im ersten Quartal 2023 rund 67 deutsche Start-ups Insolvenz anmelden müssen – im Vorjahreszeitraum lag die Zahl noch bei 39 Unternehmen. Die Aussichten für das zweite Quartal sehen nicht besser aus: Ein neuer Höchststand ist zu erwarten. Um einer Insolvenz zu entgehen, entlassen momentan viele Start-ups Mitarbeitende. Doch welche alternativen Maßnahmen können ergriffen werden, um langfristig am Markt zu bestehen und ein stetiges Wachstum verzeichnen zu können? 

Sparen, sparen, sparen: Effizienz durch Kostendisziplin 

Es gibt verschiedene Ansätze für Unternehmen, um Ausgaben zu optimieren und finanzielle Stabilität zu sichern. Im Zentrum jeder Maßnahme sollte jedoch die Kostendisziplin und -übersicht stehen.

Aus dem Wachstumsdrang heraus tendieren Unternehmen dazu, neue Mitarbeitende einzustellen. Bereits in der Recruiting-Phase sollten Start-ups jedoch genau prüfen, ob das Besetzen von neuen Positionen im Unternehmen zwingend notwendig ist. Mit einer Umstrukturierung im Team, der Neugestaltung von ineffizienten Prozessen und einer Optimierung des Aufgabenbereichs, können Kosten und Zeit gespart werden. Interne Recruiting-Maßnahmen ermöglichen zudem Mitarbeitenden, sich innerhalb des Unternehmens weiterzuentwickeln und die eigenen Qualifikationen auszubauen – eine Win-Win-Situation für beide Parteien.

Ein weiterer Aspekt, der häufig ineffizient organisiert ist und versteckte Kosten entstehen lässt, ist der Einsatz von Tools im Unternehmen. Im Laufe der Zeit häufen sich Software-Abonnements, von denen einige nicht mehr zum Einsatz kommen. Daher sollte auch in diesem Bereich darauf geachtet werden, dass nur diejenigen Tools behalten werden, die konsequent genutzt werden, einen wirklichen Mehrwert bieten und für das Kerngeschäft relevant sind. 

Fokussiert bleiben: Was ist das Kerngeschäft?

Jedes Unternehmen und insbesondere Start-ups sollten ihren Fokus auf das Kerngeschäft legen. Ausgaben und Projekte, die nicht direkt zum Erfolg des Unternehmens beitragen, müssen einer kritischen Evaluation unterzogen werden. Zudem ist es wichtig, die Ausgaben diszipliniert zu kanalisieren und sicherzustellen, dass sie in die richtigen Bereiche fließen. Eine konsequente Prozesskostenanalyse und ein effektives Performance-Management können hierbei hilfreiche Tools sein, um die Kosteneffizienz zu steigern. Eine Scorecard beispielsweise ist ein unverzichtbares Instrument zur Messung, Bewertung und Optimierung der Leistung des eigenen Unternehmens. Sie ermöglicht es Manager:innen, sich einen Überblick über die Performance des Teams zu verschaffen und fundierte Entscheidungen zur Leistungsverbesserung zu treffen. Aber auch für Mitarbeiter:innen können Performance Scorecards als Fahrplan zum Erfolg dienen, da sie ihnen dabei helfen, ihre Leistungen und Fortschritte im Vergleich zu gesetzten Zielen und Standards zu messen und an diese anzugleichen. 

Quo vadis Start-up-Szene?  

Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld gestaltet sich der Abschluss von Folgefinanzierungsrunden zu attraktiven Konditionen weiterhin schwierig. In dieser Situation kann eine Bridge Finanzierungsrunde eine sinnvolle Option sein. Mit einer Bridge Finanzierung wird der Zeitraum bis zur nächsten “richtigen” Finanzierungsrunde überbrückt. Sie wird in der Regel von den Bestandsinvestoren bereitgestellt und erfolgt in der Regel in Form eines Gesellschafter- oder Wandeldarlehens. Alternativ kann eine Zwischenfinanzierung auch über Kredite in Form von Venture Debt erfolgen. 

Eine Finanzierungsrunde in wirtschaftlich unbeständigen Zeiten wie diesen birgt allerdings gewisse Risiken. Gerade aktuell ist zu beobachten, dass neue Maßstäbe für eine Bewertung gesetzt werden. Ging es vormals primär um Wachstumsprognosen, ist das Stichwort heute Profitabilität. Aktuell ist vermehrt zu beobachten, dass Start-ups Finanzierungsrunden mit einem Bewertungsabschlag zur vorherigen Finanzierungsrunde durchführen.  Bei diesem Szenario spricht man von einer Down Round. Down Rounds sind insofern ein Risiko, als dass sie von Investor:innen leicht als Indikator für Schwäche im Business Modell  interpretiert werden und so für Zurückhaltung in der nächsten Finanzierungsrunde sorgen.

Die Prognosen für 2024 geben jedoch Hoffnung. So schätzt der International Monetary Fund für Deutschland im nächsten Jahr ein Wachstum von 1,3 %. Entsprechend sieht auch die Finanzierungslage für Start-ups zukünftig wieder besser aus. Dennoch ist es wichtig, nicht überoptimistisch zu planen und die Kosten im Blick zu behalten sowie notwendige Anpassungen im Unternehmen vorzunehmen, um eine nachhaltige finanzielle Basis zu schaffen. Durch eine solide finanzielle Planung und eine realistische Einschätzung der eigenen Ressourcen können Start-ups langfristig wirtschaftliche Stabilität erreichen.

Über den Autor


Willi Ruopp ist CEO von CNC24.

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Foto (oben): Shutterstock

#Interview – “Nur wenn man die Bedürfnisse der KundInnen kennt, kann man die beste Lösung bauen”

#Interview

CNC24 digitalisiert den Markt für Industrie- und Maschinenbauteile. 2Seit der Gründung sind wir bereits auf über 40 Mitarbeitende gewachsen und bedienen rund 1.000 KundInnen, für die wir mehr als 5.000 Aufträge abgewickelt”, sagt Gründer Willi Ruopp.

“Nur wenn man die Bedürfnisse der KundInnen kennt, kann man die beste Lösung bauen”

Dienstag, 30. August 2022VonAlexander Hüsing

Das Berliner Startup CNC24, 2019 von Willi Ruopp und Marlon Gerat gegründet, digitalisiert den Markt für Industrie- und Maschinenbauteile. Das Unternehmen positioniert sich dabei als “Ansprechpartner für alle Anfragen und Aufträge zur Fertigung von Prototypen, Einzelteilen und Kleinserien”. Future Industry Ventues (FIV), Coparion, Equity Pitcher, Altinvestor Seedcamp und Business Angels wie die wefox-Gründer Fabian Wesemann und Dario Fazlic investierten zuletzt 8,25 Millionen Euro in die Jungfirma.

“Dadurch, dass wir breit aufgestellt sind und uns gegenseitig ergänzen, konnten wir auch bei der Investorenfrage auf unser Netzwerk zurückgreifen. Dennoch mussten auch wir uns, als junges Startup, in Resilienz üben. Am Ende haben wir die Investoren mit unserer Kapitaleffizienz, dem ausgeklügelten Geschäftsmodell und unserem erfahrenen Team überzeugt”, sagt Gründer Ruopp zur Investmentrunde. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der CNC24-Macher außerdem über Konditionen,

Wie würdest Du Deiner Großmutter CNC24 erklären?


Ich bin Fabrikdirektor mit einem Netzwerk an Maschinen für die Industrie auf der ganzen Welt.

War dies von Anfang an euer Konzept?


Unser Konzept funktioniert seit der Gründung sehr gut, weil mein Co-Founder Marlon Gerat, und ich uns sehr gut ergänzen. Durch seine langjährige Erfahrung im eigenen Fertigungsbetrieb kennt er die Bedürfnisse von KundInnen- und Fertigern sehr genau. Ich hingegen bringe mich mit meiner Expertise in der Digitalisierung ein. Von Beginn an war uns bewusst, welche Lösung wir kreieren wollen. Mit unserer B2B-Beschaffungsplattform für Fertigungsteile haben wir ein klar definiertes Business-Modell, das allen Seiten Vorteile bietet. In den kommenden Monaten werden wir zudem zusätzliche Dienstleistungen einführen, die unser Angebot für KundInnen und Fertiger ergänzen und uns neue Revenue Streams eröffnen.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?


Unsere KundInnen laden 3D-Modelle Ihrer Bauteile hoch und spezifizieren Ihre Anfrage im CNC24 Portal. Wir haben einen AI-Matching-Algorithmus entwickelt, der die Bauteile analysiert und automatisiert passende Fertiger identifiziert. Nur diese können ein Angebot für die Bauteile abgeben. Vom Geschäftsmodell arbeiten wir in einem klassischen Marktplatzmodell und finanzieren uns mit einer Marge auf den Angebotspreisen. Durch das große Netzwerk und die hohen Stückzahlen können wir unseren KundInnen dabei attraktive Konditionen bieten, die in der Regel besser sind, als ein Direktbezug der Bauteile.

Wie ist überhaupt die Idee zu CNC24 entstanden?


Mein Co-Founder Marlon Gerat hat vor der Gründung von CNC24 mit seinem Vater ein CNC-Fertigungsunternehmen betrieben. Einen Teil der Aufträge haben Sie schon damals über Ihr lokales Netzwerk weitervergeben. Aus diesem erfolgreichen Geschäftsmodell ist 2019 unsere Idee entstanden, jedoch mit Fokus auf Skalierung und digitale Prozesse.

Wie hat sich CNC24 seit der Gründung entwickelt?


Seit der Gründung von CNC24 sind wir bereits auf über 40 Mitarbeitende gewachsen und bedienen rund 1.000 KundInnen, für die wir mehr als 5.000 Aufträge abgewickelt und über 500.000 Teile gefertigt haben. Auf Fertigerseite haben wir 500 Lieferanten auf drei Kontinenten in 22 Ländern verteilt. Allein dieses Jahr haben wir Bauteile mit einem Gewicht von 400 Tonnen gefertigt und in unserem hauseigenem Messzentrum auf ihre Qualität geprüft.

Kürzlich konntet ihr 8,25 Millionen Euro einsammeln. Wie seid ihr mit euren Investoren in Kontakt gekommen?


Dadurch, dass wir breit aufgestellt sind und uns gegenseitig ergänzen, konnten wir auch bei der Investorenfrage auf unser Netzwerk zurückgreifen. Dennoch mussten auch wir uns, als junges Start-up, in Resilienz üben. Am Ende haben wir die Investoren mit unserer Kapitaleffizienz, dem ausgeklügelten Geschäftsmodell und unserem erfahrenen Team überzeugt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?


In der Anfangsphase hatten wir Schwierigkeiten mit unzuverlässigen Partnern. Ein Kunde, für den wir Bauteile in einem Großauftrag gefertigt haben, ist etwa insolvent gegangen, nachdem wir die Bauteile geliefert haben. Das war gerade in der Anfangsphase, als wir noch eigenfinanziert waren, eine schmerzhafte Erfahrung. Doch das hat uns gestärkt und für die Zukunft gewappnet.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?


Wir haben von Anfang an auf einen hybriden Ansatz gesetzt: Digitale Prozesse werden mit persönlicher Beratung durch unsere Fachexperten kombiniert. Anders als viele Mitbewerber setzen wir z.B. nicht auf eine automatisierte Quoting Engine, sondern lassen unsere Lieferanten ihre Preise und Lieferfristen selbst kalkulieren. Das Feedback auf dem Markt gibt uns dabei recht. Denn KundInnen schätzen verlässliche Preise und Lieferfristen, die eingehalten werden.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?


Es ist wichtig von Anfang an den direkten Kontakt zu KundInnen und Lieferanten zu suchen. Nur wenn man die Bedürfnisse der KundInnen wirklich kennt, kann man die beste Lösung bauen. Außerdem ist gutes Recruiting gerade in der Anfangszeit ausschlaggebend für den Erfolg. Gerade bei den ersten Mitarbeitern muss es fachlich und menschlich passen.

Wo steht CNC24 in einem Jahr?


Wir haben uns viel für die Zukunft vorgenommen. In einem Jahr haben wir zusätzlich zu unserem Kerngeschäft weitere Erlösströme etabliert. Unser Ziel ist es, die größte digitale Plattform für Bauteile in Europa zu werden.

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