BlackBerrys künftig mit Android – ein Rückblick auf BB OS 10

Die Ankündigung des BlackBerry Priv dürfte BB10 killen. Native Apps bekommen vermutlich schon bald keine Updates mehr. Zeit für einen kleinen Rückblick.

Jetzt ist es offiziell: BlackBerry baut ein Android-Smartphone namens Priv mit ausziehbarer Tastatur. Die Entscheidung muss für das Unternehmen schmerzhaft gewesen sein – schließlich stampft man damit quasi sein eigenes Betriebssystem ein. Doch das hat ohnehin keine Zukunft.

Beginnen wir in der “dunklen” Zeit des Handcomputerwesens: Research in Motion (RIM, heute BlackBerry) war mit seinen Smartphones aus zwei Gründen erfolgreich: Rrstens sorgte die Tastatur für schnelle Eingaben, zweitens funktionierten die Geräte dank des zwischengeschalteten Proxy-Servers auch bei schlechter und sogar unterbrochener Netzwerkverbindung.

BlackBerry 7 war ein durchaus zuverlässiges Betriebssystem. Die primäre Schwäche der Plattform war, dass Drittanbieter ihre Apps nur in Java entwickeln durften. Dies erwies sich als hinderlich, da die Rechenleistung unter der Konkurrenz zurückblieb. Spiele und Webbrowser profitieren nun mal von direktem Hardware-Zugriff, den es bei Java aber nicht gibt.

Geräte wie der BlackBerry Storm, der zu Zeiten der ersten iPhones auf den Markt kamen, zeigten diese Schwächen auf. Viel kritischer war jedoch, dass der Storm mangels Tastatur eigentlich kein echter BlackBerry war. Ehemalige Stammkunden waren vergrätzt, die hohen Erwartungen an den Touchscreen-BlackBerry konnte das Gerät nicht erfüllen.

BlackBerry 10 sollte auf QNX basieren, einem Echtzeit-Unix, das in Steuerungen, Panzern und diversen Luftfahrzeugen gleichermaßen vertreten war. Als Benutzerschnittstelle wurde ein Basis von Qt entwickelter GUI-Stack namens Cascades erwählt. Wer eine Demo des bis heute einzigartig aussehenden Produkts sah, war in Anbetracht der reichhaltigen Animationen und des gediegenen Stils beeindruckt.

An dieser Stelle machte RIM den ersten Fehler. TAT, das Unternehmen hinter Cascades, wurde aufgekauft – und damit schaffte es die Technik nicht mehr, wie eigentlich geplant, ins Android-Lager. Wer eine App dafür entwickelte, war an BB10 gebunden. Eine Vielzahl von Entwicklern hätte gerne etwas Geld bezahlt, um ihren Code unter Android und iOS weiterverwenden zu können. Diese Einnahmen – und das permanente Feedback der Nutzer – fehlten, was die Weiterentwicklung erschwerte.

Die Entwicklung eines neuen Betriebssystems nimmt Zeit in Anspruch. Zur „Überbrückung“ wurde ein Tablet angedacht, das Nutzern die auf den Hauptgeräten nur schwach ausgeprägten Multimedia- und Webfähigkeiten auf den damals gehypten „großen zweiten Bildschirmen“ anbieten sollte.

Als erster Fehler erwies sich der Name: PlayBook erinnerte Unternehmenskäufer an Spielzeug. Aus diesem Grund weigerten sich viele Unternehmen, für ihre Mitarbeiter ein PlayBook anzuschaffen. Dass es für das Gerät keine gescheite Tastatur gab, war ein weiteres Übel.

Die Situation wurde dadurch erschwert, dass das System existierende Apps nicht ausführen konnte. Research in Motion konnte sich nicht dazu durchringen, die Java-VM zu portieren: eine massive Idiotie, weil die meisten schon existierenden Programme mit wenigen oder gar minimalen Änderungen funktioniert hätten. Zur Kompensation der fehlenden Apps griff man auf eine Android-Emulationsumgebung zurück.

Die erste Generation des PlayBook litt zudem unter unter einem unzuverlässigen Einschaltknopf, der aufgrund einer kleinen Materialeinsparung sehr schwergängig war. Das hat bei einem Premium-Produkt nichts zu suchen.

Richtig schräg wurde die Situation, als die Auslieferung von BlackBerry 10 begann. Als erstes Telefon wurde ausgerechnet der Z10 auserkoren: ein Gerät, das – wie der rund zwei Jahre zuvor gescheiterte BlackBerry Storm – ohne Tastatur auskommen musste.

Für existierende Nutzer eines BlackBerrys kam diese Umstellung wie ein Schlag ins Gesicht. Wer von BB7 auf Android oder iOS wechselte, stand am Ende genauso gelackmeiert dar. Daten liessen sich auf alle Zielsysteme gleichermaßen übernehmen, doch das Fehlen von Apps und Tastatur sorgte dafür, dass der viel gepriesene “ecosystem lockin” verloren ging.

BB10 wurde erst spät mit Hardwaretastaturen verheiratet. Ein Gerät mit Stretch-Bildschirm, BB10 und Tastatur gibt es bis heute nicht. Der Hersteller setzte stattdessen auf quadratische Displays.

Der einst sehr erfolgreiche Formfaktor scheiterte am Zeitgeist. Inhalte und mobile Webseiten wurden an die immer breiter werdenden Bildschirme angepasst. Telefone mit quadratischem Bildschirm entwickelten sich zu Außenseitern. Der zusätzliche Bildschirmplatz blieb entweder weiß oder wurde mit hochskalierten Inhalten vollgestopft, wodurch er ungenutzt verpuffte.

Bei MWL findet sich folgendes Zitat des aktuellen BlackBerry-Chefs Chen:

“On a conference call, Chen said the device is targeted at ex-BlackBerry users who miss the physical keyboard but enjoy Android apps. He called it “the most secure Android device on the market.”

Technische Genialität ist kein Garant für kommerziellen Erfolg. Das Unternehmen hatte mit BlackBerry 10 alles in der Hand – und warf den Degen wenige Sekunden vor dem Sieg einfach weg.

Nun gibt es eine neue Chance. Zwar ist bei Android auch nicht alles Gold, was glänzt. Aber so, wie der Priv im Moment aussieht, hat BlackBerry endlich wieder einiges richtig gemacht.

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Danke: bestboyzde

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