#Gastbeitrag – Mentale Gesundheit ist keine Standard-To-Do-Liste

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Jede*r Gründer*in weiß: Eine Startup-Gründung ist kein Sprint, sondern ein Marathon – und in Phasen auch ein Iron Man. Mit dem Arbeitsethos “Höher, schneller, weiter” haben sich viele Gründende in der Vergangenheit in Richtung Burn-out geackert. Mit der Gen Z wächst jetzt eine Generation von Gründer*innen heran, die 80-Stunden-Wochen als Armutszeugnis statt als Heldentat empfinden. Themen wie Selbstverwirklichung, Nachhaltigkeit, mentale Gesundheit prägen und bewegen die jungen Gründer*innen – und das beginnt schon in der Schule. Das jüngste Team, das ich kürzlich coachen durfte, besteht aus einer Gruppe Schüler, die es mit ihrer Idee gegen Lichtverschmutzung in Städten bis ins Finale des Innovationsprogramms “Solve for Tomorrow” von Samsung geschafft haben.

Das Team befindet sich gerade mitten im Gründungsprozess. Das ist eine wichtige und genau richtige Phase, um sich mit dem Thema mentale Gesundheit auseinanderzusetzen. Denn hier wird bereits der Grundstein für die spätere Unternehmenskultur und den Umgang mit sich selbst und anderen gelegt. In dem Programm wurde das Team von mir von Anfang an sehr individuell begleitet, um frühzeitig zu verhindern, dass sie in die “Work hard and harder”-Falle tappen und dabei das Wohl ihrer Unternehmung über ihr eigenes Wohlbefinden stellen. Die Zusammenarbeit hat mir abermals gezeigt: Diese neue Generation Gründer*innen ist mutig, engagiert und sie setzt alles daran, die Zukunft nachhaltiger, sozialer und gerechter zu machen. Das schließt nicht nur das Geschäftsmodell, sondern die Verankerung einer gesunden Teamkultur und die Achtsamkeit für eigene Bedürfnisse ein. Doch wie genau lässt sich so ein Mindset mit dem intensiven Arbeitspensum vereinen, das die Startup-Welt mit sich bringt? 

Mentale Gesundheit ist komplex und folgt keinem Standard

Dass mentale Gesundheit wichtig ist, weiß die Gen Z genau. LinkedIn und TikTok sind voller Tipps, Strategien und Routinen, wie man mental fit bleibt. Meditation, Sport, gesunde Ernährung, an den eigenen Emotionen und Glaubenssätzen arbeiten, regelmäßiger Austausch mit Freunden und Familie und abends auch mal ein Buch lesen. Nichts davon ist falsch. Und trotzdem können diese allgemeingültigen Tipps und Wellbeing-Listen trügen. Denn nicht alles funktioniert für jeden. Und wenn die Beschäftigung mit dem Thema dazu führt, dass die To-do-Liste länger wird, dann ist das alles andere als sinnvoll. Mentale Gesundheit ist komplex und geht zuerst von den individuellen Bedürfnissen aus. Nur dann entstehen Routinen, die genauso in Fleisch und Blut übergehen wie das tägliche Zähneputzen – und das ist das Ziel.

Die Lösungen sind oft einfacher, als man denkt 

Die Gen Z ist eine Generation, der Ganzheit und Selbstverwirklichung sehr wichtig sind. Ob Job oder privat – ich bin ich und dazu gehört auch meine mentale, emotionale und körperliche Verfassung. Umso wichtiger ist es, beim Thema mentale Gesundheit bei den individuellen Bedürfnissen anzusetzen. Dass ausreichend Schlaf und regelmäßige Ruhephasen zu einem erfolgreichen Arbeits-Mindset gehören, ist bekannt. Die Ausgestaltung dessen kann aber im individuellen Fall ganz unterschiedlich aussehen. Mein erster Tipp an junge Gründer*innen ist daher: Startet damit, euch selbst zu beobachten und euren eigenen Rhythmus zu verstehen. Was bringt es einem, dem 5am-Club beizutreten, wenn man eigentlich eher ab 10 Uhr zur Hochphase aufläuft? Strategien zur mentalen Gesundheit folgen nie einem Universalrezept. Nur wer sich gut und kontinuierlich selbst beobachtet, der kann auch Lösungen finden, die ihn produktiver und kreativer werden lassen. Sei es der Spaziergang mit dem Lieblingskollegen am Nachmittag oder die eine Stunde, die der Laptop früher zugeklappt wird als bisher – die Lösungen sind manchmal einfacher als man denkt. Der zweite Schritt ist dann, im Team offen zu kommunizieren, wer welchen Rhythmus bevorzugt. Nur so lassen sich Routinen im Team finden, die für alle gut funktionieren. Auch diesen Gedanken bereits in der Gründungsphase zu verankern, halte ich für immens wichtig. Das bestätigt sich in der Zusammenarbeit mit dem „Solve for Tomorrow“-Team, das Schule und den Gründungsprozess unter einen Hut bekommt. So etwas geht nicht ohne ein klares Bewusstsein, wo eigene Grenzen liegen und den offenen Austausch darüber. Dann gelingt es auch Schulpflichten, Sommerferien und Gründungsaufgabe in einer Weise zu verbinden, die sich für jedes einzelne Teammitglied gut anfühlt. 

„Purpose-driven” bleiben – auch wenn es rappelt im Karton 

Jede Startup-Gründung ist turbulent. Wenn dann aber noch an Lösungen gearbeitet wird, die den Klimawandel stoppen oder Alterseinsamkeit besiegen sollen, dann ist der Druck hoch. Klappt etwas nicht, sind die gefühlten Auswirkungen von einer anderen Tragweite. Die Zielsetzung wird zum Sklaventreiber und schon wird das morgendliche Meditieren oder die acht Stunden Schlaf ad acta gelegt. Und das ist auch okay so – man muss nur damit umgehen können. Und das funktioniert am zuverlässigsten, wenn sich jedes Teammitglied über die eigenen Bedürfnisse bewusst ist. Erst dann lassen sich nachhaltige Strategien entwickeln, um nicht auszubrennen, sondern an arbeitsintensiven und stressigen Phasen mental und emotional zu wachsen.

Mentale Gesundheit braucht Gesundheitskompetenz, die gelebt und kultiviert wird – am besten schon vor der eigentlichen Gründung. Denn im Alltag der Gründer*innen ist dafür oft wenig Platz. 

Daher holt euch, liebe Gen Z, so früh wie möglich Hilfe mit an Bord – in Form von Accelerator-Programmen, Inkubatoren oder auch Mentor*innen, die viel Erfahrung im Aufbau einer gesunden Unternehmenskultur haben. Denn damit können Unternehmen und Geschäftsmodelle entstehen, die wirklich nachhaltig sind. 

Über die Autorin


Katharina Rathjen, Mental Health Coachin, The Growth Club und Coachin bei “Solve for Tomorrow” bei Samsung.

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Foto (oben): Shutterstock

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