E-Bike-Grundlagen: Antrieb, Akku, Schaltung & Co.

Der Winter ist vorbei, Zeit für's Rad – oder sogar für's E-Bike. Wir zeigen, wie man vom Sport-Muffel zum Radsüchtigen wird, welche Unterschiede es gibt und worauf man achten sollte.

Der Autor dieser Zeilen hat gut 20 Jahre lang alles gemieden, was nur zwei Räder und keinen Motor hat. Dann kam der erste Kumpel mit einem E-Bike, die erste Probefahrt, ein gewisses Grinsen im Gesicht. Zwei, drei Wiederholungen, der erste Besuch im Fahrradladen, der erste E-Bike-Kauf – und keine vier Wochen später ein teurer Umtausch des dann schon gebrauchten Rads gegen ein anderes, weil es den Anforderungen nicht entsprochen hat.

Her sollte ein Rad für den Weg ins Büro, mit dem man zwischendurch auch mal in den Wald fahren kann. In der Praxis hat der kurze Ausflug in den Wald so viel Spaß gemacht, dass die Reifen schon nach zwei Wochen mehr Wald, Steine und Berge als Radweg Richtung Büro gespürt haben. Die viel zu schmalen Reifen natürlich, die sich permanent im Kies verfangen, die auf matschigem Boden wegrutschen – und die nach keinen 400 km sowohl vorne als auch hinten einen kleinen Achter gezeigt haben. Zugegeben, Rad und Händler können dafür nichts: Das Bike war für etwas anderes gedacht. Vielen Dank an das Fahrradgeschäft im Osten von München, das das gebraucht Rad gegen einen überschaubaren Obulus wieder zurückgenommen hat – und es mir damit ermöglichte, ein richtiges Moutainbike zu kaufen.

Fakt ist: Eine echte Probefahrt ist durch nichts zu ersetzen. Erfahrungsgemäß zeigt eine Probefahrt aber auch nicht alles; kaum ein Fahrradgeschäft wird mit dem Vorführbike eine Tagestour in die Berge gestatten. Aber wer schon vorher weiß, was er wirklich braucht und haben möchte, kann sich Ärger und viel Geld sparen.

Der Motor macht das Fahrrad zum E-Bike – er ist also wohl die wichtigste Komponente.

Der große Vorteil des Motors am Vorderrad: Er hat keinerlei Einfluss auf die übrigen Komponenten des Fahrrads. Naben- oder Kettenschaltung, Rücktrittbremse & Co., hier ist keine Rücksichtnahme nötig – und das drückt den Preis. Daher kommt der Frontantrieb vor allem bei preisgünstigen Modellen zum Einsatz. Aus den gleichen Gründen sind auch Nachrüst-Motoren für konventionelle Fahrräde fast immer in der Vorderradnabe untergebracht.

Fahrdynamisch hat der Frontmotor vor allem Nachteile. Das Fahrverhalten ist aufgrund des hohen Gewichts an der Vorderachse anders, als man es vom normalen Fahrrad gewohnt ist. Die Antriebskräfte zerren an der Lenkachse, bei kräftigem Antrieb kann der Reifen aufgrund des niedrigeren Gewichts auf der Vorderachse eher durchrutschen, der Antrieb ist deutlich sichtbar – und erfordert idealerweise eine stabilere Konstruktion des Rahmens im vorderen Bereich.

Wie das Auto profitiert auch das Fahrrad vor allem fahrdynamisch vom Heckantrieb: Das hohe Gewicht hinten sorgt für eine kräftige Traktion und verhindert das Durchrutschen. Außerdem fallen die technischen Komponenten nicht so stark auf – am Hinterreifen ist auch beim konventionellen Fahrrad mehr Technik untergebracht. Und im Pannenfall freut man sich, dass man zumindest das Vorderrad ohne großen Aufwand ausbauen kann.

Dafür will man wohl unter allen Umständen vermeiden, dass das Hinterrad ausgebaut werden muss. Außerdem verlangt die Technik in der Radnabe nach Kompromissen: Schaltungen gibt es zwar sowohl als Naben- wie auch als Kettenschaltung, sie sind aber auf wenige Gänge – meist drei – beschränkt. Rücktrittsbremsen gibt es bei dieser Antriebsform kaum. Und wenn auch der Akku weit hinten am Rad befestigt ist, hat das hohe Gewicht im hinteren Bereich negativen Einfluss auf das Fahrverhalten.

Der Mittelmotor sitzt am Tretlager in der Mitte des Fahrrads – das sorgt für eine optimale Gewichtsverteilung und damit auch für ein optimales Fahrverhalten. Außerdem sind Vorder- und Hinterrad so gut entnehm- und austauschbar wie bei einem herkömmlichen Fahrrad. Sowohl Ketten- als auch Nabenschaltung mit vielen Abstufungen sind möglich; das gilt auch für eine Rücktrittbremse. Der größte Vorteil ist aber, dass der Antrieb nicht an einem der Räder, sondern an der Kette erfolgt. Das sorgt für ein natürliches Fahrgefühl und reduziert den „Gummibandeffekt“ – und auf diese Weise hat auch die Schaltung Einfluss auf den Elektromotor, womit das Erklimmen extremer Steigungen im niedrigen Gang auch für unsportliche Fahrer möglich ist. Daher sind vor allem Mountainbikes und generell E-Bikes in den höheren Preissegmenten mit dem Mittelmotor ausgestattet.

Freilich hat auch dieses Antriebskonzept seine Nachteile. Eben weil die komplette Kraft des Elektromotors durch die Schaltung muss, ist der Verschleiß an Nabenschaltungselementen, Kette und Zahnriemen immens; in diesen Bereichen muss man mit höheren Wartungskosten rechnen. Auch der Kaufpreis ist höher, da Bikes mit Mittelmotor einen speziell dafür angepassten Rahmen brauchen; die Nachrüstung an vorhandene Fahrräder ist schwer möglich. In der Praxis spielt es zwar kaum eine Rolle, aber vielleicht wird es bald wichtiger: Die Rekuperation, also die Energie-Rückgewinnung beim Bremsen, ist mit Mittelmotor ebenfalls nicht möglich.

Bosch oder Yamaha, die Frage liest man immer wieder, wobei es inzwischen auch von anderen Herstellern wie Brose oder Shimano hervorragende E-Bike-Antriebe gibt. Die technische Größe, die es zu übertreffen gilt, ist das Antriebsdrehmoment, die den Radfahrer beim Vortrieb unterstützen. Hier gilt: Je mehr, um so besser, aber alles ab 70 nm reicht im Alltag total aus. Von deutlich höheren Drehmomenten profitieren dann vor allem noch Mountainbiker auf dem harten Weg nach oben.

Für ein und den gleichen E-Bike-Antrieb gibt es oft verschiedene Display-Einheiten, die am Lenker sitzen. Funktional unterscheiden sie sich meist nur wenig; alle integrieren einen digitalen Tacho, Akkustandsanzeige und die Möglichkeit, die Stärke der Motorunterstützung in drei bis fünf Stufen einzustellen. Größere, höher auflösende Displays kosten oft immensen Aufpreis oder sind nur bei den absoluten Top-Modellen der E-Bike-Hersteller zu haben. So sehr aus Nerd-Sicht das Verlangen nach mehr Diagonale und Pixeln nachvollziehbar ist – meist lohnt sich der Aufpreis nicht, der Antrieb ist ohnehin derselbe. Und die absoluten Topmodelle wie Bosch Nyon mit Farbdisplay und integriertem Navi sind zwar toll, können aber auch nicht mehr als ein Smartphone mit Fahrradhalterung (Vergleichstest). Eher sogar weniger.

An dieser Stelle eine kleine Warnung: Es gibt diverse günstige E-Bikes und Nachrüstantriebe für normale Fahrräder aus China. Während Antrieb und Elektronik dabei Erfahrungsberichten zufolge meist gut funktionieren, ist der Akku die Achillesferse – und einen brennenden Lithium-Ionen-Block möchte niemand im Keller stehen haben.

Wir wenden uns also wieder den Marken-Antrieben zu. Ältere und günstigere Fahrräder bringen meist einen 400-Wh-Akku mit, 500 ist inzwischen die Norm, Topmodelle bringen auch Akkus mit 600 oder mehr Wh mit. Je höher die Kapazität des Akkus, desto höher die Reichweite. Oft sitzen die Akkus mit einer abschließbaren Halterung auf dem Rahmen, zunehmend wandern die Zellen auch in den Rahmen. Das sieht aufgeräumter aus, hat funktional aber keine Vorteile.

Eine Faustformel, wie weit man damit kommt, gibt es nicht – zu stark ist der Verbrauch abhängig von Beschleunigung, Steigung und Geschwindigkeit. Als Faustregel kann man sagen: Ein 400-Wh-Akku reicht mit Standard-Unterstützung für 50 km, einer mit 500 für 60 bis 70. Wird es knapp, lässt sich die Unterstützung des Antriebs reduzieren; das Fahren wird anstrengender, aber die Restreichweite steigt.

Akkus und Ladegeräte sind bei allen Herstellern gut geschützt, proprietär und sündhaft teuer. Für Yamaha-Antriebe gibt es deutlich günstigere Nachbau-Akkus und Open-Source-Lösungen, wie man eigene Akkus baut; bei Bosch & Co. kann man derzeit ausschhließlich auf Original-Zubehör zurückgreifen.

Bremsen, Sattel, Pedale & Co. unterscheiden sich beim E-Bike nicht im Vergleich zum normalen Fahrrad. Na klar, freilich werden einige Komponenten wie das Schaltwerk, die Zahnräder oder die Bremsen aufgrund der höheren Beschleunigung und des höheren Tempos beim E-Bike deutlich stärker belastet als beim Fahrrad mit Müsli-Antrieb – im Idealfall sind sie für stärkere Kräfte ausgelegt. Bei Bikes im untersten Preissegment ist das oft nicht der Fall; entsprechend häufig werden wohl Ersatzteile nötig.

Spannend ist noch der Blick auf die Beleuchtung. Man hat einen dicken Akku an Bord, da sollte das Licht doch integriert sein – doch weit gefehlt. Meist sind die Lampen nur bei expliziten Stadt- und Straßenrädern bereits eingebaut, mit dem Akku verbunden und lassen sich über einen Taster am Lenker steuern. Die Nachrüstung ist theoretisch kein Problem, passende Kabelsätze für den Antrieb kann man nachbestellen – und Internet-Foren sind voll von Einbau-Anleitungen und Lampen-Tipps. Aber Vorsicht, die überempfindlichen Schutzschaltungen der originalen Akkus reagieren allergisch auf zu hohe Last, auch ganz kurze Kurzschlüsse beim Anschließen & Co. – meist hat das die komplette Deaktivierung des Akkupacks zufolge. Wer das nicht riskieren möchte, kauft besser gleich ein Rad mit eingebauter Beleuchtung oder rüstet einfache Akku-Lichter nach.

Zu den marktführenden Herstellern gehören in Deutschland Cube, Haibike und Kalkhoff. Im folgenden zeigen wir günstige Modelle unterschiedlicher Bauformen dieser Hersteller, die mit einem Mittelmotor ausgestattet sind.

Pedelecs machen unglaublich viel Spaß; eine Probefahrt ist unbedingt jedem zu empfehlen – auch und gerade wenn man Jahre nicht mehr aufs Rad gestiegen ist. Beim Kauf sollte man allerdings einen Bogen um zu billige Komponenten machen. No-Name-Akkus und Antriebe bringen gewisse Gefahren mit sich, billige Fahrrad-Teile halten die hohe Belastung nicht lange aus.

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Danke: bestboyzde

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