Politik greift in Machtkampf bei ProSiebenSat.1 ein: Bayern verschärft Mediengesetz, um Berlusconi zu stoppen

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi.

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi.

dpa

Der Bayerische Landtag hat am Donnerstag einer Verschärfung des Bayerischen Mediengesetzes zugestimmt. Es soll die Vielfalt des Informationsangebotes in Bayern absichern.

Sollte es bei einem privaten Rundfunksender einen Gesellschafter geben, der die Informationsvielfalt beeinträchtigt, kann die bayerische Landeszentrale für neue Medien demnach verhindern, dass der Gesellschafter seine Anteile über 25 Prozent am Sender erhöhen kann.

Die Novelle des Gesetzes richtet sich gegen die Pläne von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi, der mit seinem Konzern Media for Europe planen soll, die Mehrheit an ProSiebenSat.1 zu übernehmen.

Ganz unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die bayerische Landesregierung in ihrem Maschinenraum an einer Verschärfung ihres Landesmediengesetzes gefeilt. Am Donnerstag hat es nun der Landtag verabschiedet. Formell handelt es sich um eine „Novelle des Bayerischen Mediengesetzes zur langfristigen Sicherung der Unabhängigkeit und Vielfalt des privaten Rundfunks“.

Das klingt im Juristendeutsch elegant, ist in Wahrheit eine kleine Machtdemonstration der Bayern. Der Konzern mit den größten Privatsendern im Bundesland, ProSiebenSat.1, droht nämlich vom italienischen Ex-Premier Silvio Berlusconi und seinem Konzern Media for Europe (MFE) übernommen zu werden. Der Machtkampf zwischen dem ProSiebenSat.1-Vorstand und den Italienern hält nun mehrere Monate an, die Sender-Verantwortlichen wollen eine Übernahme verhindern, hinter den Kulissen wird mit harten Bandagen gekämpft.

Im Mai steht die Vollversammlung beim Privatsender an, alle Beteiligten erwarten einen Showdown. Die bayerische Landesregierung will es nicht so weit kommen lassen und greift mit der Gesetzesnovelle nun in den Machtkampf ein. Was bewirkt die Verschärfung konkret?

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„Die Novelle ermöglicht es der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Gesellschaftern eines Privatsenders eine Erhöhung ihrer Anteile über 25 Prozent zu untersagen, falls eine Gefährdung der Informationsvielfalt damit einherginge“, sagt Roland Bornemann zu Business Insider. Er war früher Bereichsleiter Recht in der genannten Behörde, arbeitet heute als Anwalt und kennt die Novelle sehr genau.

Berlusconi hält mit Derivaten aktuell etwas weniger als 25 Prozent an ProSiebenSat.1. Falls die Landeszentrale entschiede, dass eine Übernahme die Informationsvielfalt des Senders gefährdet, könnte sie eine entsprechende Erhöhung verbieten. Diese Macht hat sie nun vom bayrischen Landtag wenige Wochen vor der Vollversammlung verliehen bekommen. Die Behörde entscheidet eigenständig, es wäre kein Beschluss der Landesregierung. Dort sieht man aber natürlich die Gefahr, dass der italienische Ex-Premier anfängt, in das Programm des Medienkonzerns einzugreifen.

Silvio Berlusconi ist nämlich nicht nur Ex-Premier und Medienmogul, sondern nach wie vor aktiver, italienischer Spitzenpolitiker. Er steht der italienischen Partei Forza Italia vor und ist Mitglied des Europäischen Parlamentes. Bei den vergangenen Wahlen in Italien hat Berlusconi noch versucht, Staatspräsident zu werden. Nach der Gesetzesnovelle dürfen weder politische Parteien selbst noch Unternehmen, an denen politische Parteien beteiligt sind, Rundfunkprogramme verbreiten und bestimmenden Einfluss auf sie ausüben. Das trifft erst recht auf Anteilseigner zu. Auf diese Regel wird die Landeszentrale bei ihrer Entscheidung wahrscheinlich besonders achten.

Die Sender ProSieben und Kabel 1, das auch zur ProSiebenSat.1-Gruppe gehört, sind in Bayern echte Platzhirsche, zusammen erreichten sie im Jahr 2020 einen Zuschauermarktanteil von über 50 Prozent. Ein Eingriff in das Programm hätte für das Bundesland tatsächlich starke Auswirkungen. Es ist aber nicht nur die Informationsvielfalt. Eine Übernahme des deutschen Privatsenders würde wohl auch die Schwächung des Medienstandortes Bayern bedeuten. Nach Informationen von Business Insider würde die MFE nämlich die Zentrale von München nach Mailand verlegen und damit einhergehend auch viele Jobs.

Bayerns Medienminister Florian Herrmann (CSU) sagt zu Business Insider: „In unserer freiheitlich verfassten Demokratie gehört die Sicherung einer unabhängigen und pluralistischen Medienlandschaft zu den zentralen Zielen der Medienregulierung. So dient auch die aktuelle Novelle des Mediengesetzes diesem Ziel. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie und die aktuellen Entwicklungen des Medienrechts in Russland zeigen uns, wie wichtig Medienfreiheit und Medienvielfalt für das Funktionieren unserer liberalen westlichen Gesellschaften sind.“

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Erstes Kanzler-Triell: An diese Spielregeln müssen sich Laschet, Baerbock und Scholz am Sonntagabend halten

Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock, (Grüne), Olaf Scholz (SPD) treten im Kanzlerduell an.
Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock, (Grüne), Olaf Scholz (SPD) treten im Kanzlerduell an.

picture alliance / Sven Simon, Malte Ossowski

Wer wird beim TV-Aufeinandertreffen der Kanzlerkandidaten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz in der wichtigen Wahlkampfphase den ersten Erfolg einfahren?

Vieles wird anders sein als bei den Duellen, die TV-Zuschauer in Deutschland bisher gewohnt waren. Zum ersten Mal treten an diesem Sonntagabend drei Kandidaten gegeneinander an.

Business Insider gibt einen Überblick über die Spielregeln, die im Studio der Privatsender gelten und welche Moderatoren bereitstehen, um auf deren Einhaltung zu pochen.

Das TV-Duell zweier Kanzlerkandidaten gehört in Deutschland zu den wichtigsten Momenten im Wahlkampf. Es gab schon einige Zweikämpfe – zum Beispiel Schröder gegen Stoiber, Schröder gegen Merkel oder zuletzt Merkel gegen Schulz. Jeder Wimpernschlag, jede Schweißperle, jede Sekunde, die es für eine Antwort zu lange braucht – TV-Kameras nahmen es für Millionen auf. Doch dieses Mal wird vieles anders sein, als das, was die Deutschen bislang gewohnt waren. Das Duell ist kein Duell mehr.

Gleich drei Mal werden vor der Bundestagswahl am 26. September die drei Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) in Redekämpfen bei großen Fernsehsendern aufeinandertreffen. Triell – das Wort ist in aller Munde. Der Duden führt es gar nicht in seiner Liste: „Es handelt sich um eine Neuschöpfung“, heißt es von Verlagsseite.

Dreimal stehen sich die Kandidaten in den kommenden Wochen gegenüber

Am Sonntag (29. August, 20.10 Uhr bis 22.00 Uhr) werden die privaten Sender RTL und NTV, die zu einer Senderfamilie gehören, knapp zwei Stunden lang das erste Triell in einem Berliner Studio live im TV-Programm und online zeigen. Das Moderatoren-Team besteht aus der ehemaligen „Tagesthemen“-Moderatorin und RTL-Neuzugang Pinar Atalay und RTL-Nachrichtenmann Peter Kloeppel. Im Anschluss gibt es eine Nachbesprechung unter anderem mit Fernsehmoderator Günther Jauch als Gast, wie RTL am Freitag ankündigte.

Im September werden ARD und ZDF und dann noch einmal die Fernsehsender ProSieben, Sat.1 und Kabel-Eins, die zu einer Gruppe gehören, mit eigenen Triellen folgen. Bislang war es so, dass sich private wie öffentlich-rechtliche Sender zu einem großen TV-Duell zusammenschließen mussten – da standen dann vier Moderatoren zwei Kandidaten gegenüber. Das galt eher als Kompromiss als eine Traumkonstellation. Dieses Mal können die Sender ein eigenes Profil zeigen.

Rundes Studio: Das Triell stellt die Sender aber auch vor Herausforderungen. Das fängt schon bei vermeintlich profanen Dingen an wie: Wie platziert man die Kandidaten im Studio? Der Chefredakteur Primetime bei RTL News, Michael Wulf, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben uns für ein rundes Studio entschieden, sodass wir in der Lage sind, immer wieder andere Führungs-Kamera-Positionen zu wählen.“ Bei den Duellen sei es so gewesen, dass man immer eine feste Führungs-Kamera auf die beiden Kandidaten gerichtet hatte. Jeder Kandidat habe ein Pult, auch die Moderatoren. „Jeder Kandidat wird am Ende ein Schlussstatement haben. Am Anfang wird allen die gleiche Frage gestellt.“

Der Ablauf: Die Historikerin Ulrike Ludwig von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, die zur Geschichte des Duells geforscht hat, sagte: „Der Ablauf beim Rede-Triell ist komplizierter: Auf Rede kann nicht einfach Gegenrede folgen wie bei einem Rede-Duell, weil noch ein Dritter da ist.“ Ludwig erläuterte auch: „Bei dem verbalen Triell geht es für die Teilnehmer darum, eine Sprachlosigkeit zu vermeiden. Es geht darum, den Angriff des Gegners durch einen Konter aufzufangen und zu zeigen, dass man beweglich und schlagfertig ist.“

Das Zeit-Problem: Zeit spielt als Ordnungsfaktor eine wichtige Rolle. Es war auch bisher schon so, dass die Kandidaten am Ende in etwa auf dieselbe Redezeit kommen sollten. Auch dieses Mal werden laut Wulf die Redezeiten der Kandidaten eingeblendet. Der Wissenschaftler Jürgen Maier mit Schwerpunkt politische Kommunikation von der Universität Koblenz Landau, betonte zum Unterschied zwischen Duell und Triell: „Das Auffälligste ist, dass die Kandidaten weniger Zeit haben werden. Das heißt, man muss fokussierter, klarer, präziser und gebündelter in seinen Aussagen sein. Man läuft sonst Gefahr, dass einem schneller das Wort entzogen wird als beim TV-Duell.“

Der lachende Gewinner: Bei einem Drei-Kandidaten-Konzept könnte es auch einen „lachenden Dritten“ geben, das könne der Fall sein, wenn ein Kandidat einen anderen angreift, erläuterte Maier. Wird sich das Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ bewahrheiten? Der Politikwissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen, Karl-Rudolf Korte, sieht eine weitere Auffälligkeit bei den diesmaligen Formaten. „Fast immer nutzt das Format den Unbekannten, den Neuen, die auf Augenhöhe mit dem Amtsinhaber debattieren. Das ist diesmal alles anders, da kein Titelverteidiger im Studio steht.“

Zielgruppe Briefwähler: RTL setzte nach eigenen Angaben auf das erste TV-Triell und auch auf den Zeitpunkt. Wulf sagte: „Uns war es wichtig, das erste Triell zu kriegen. Wir werden sehr viele Briefwähler haben, die sich sehr früh entscheiden müssen, das geht diese Woche los.“ Wissenschaftler Korte erläuterte: „Da die Anzahl der Briefwähler deutlich steigt, ist es potenziell möglich, nach der Sendung gleich zu wählen. Das erhöht die Wirkung der Trielle.“

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cri/dpa

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