Vom Vizekanzler zum FDP-Außenseiter: Jürgen W. Möllemann und die Flugblatt-Affäre

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Vom Vizekanzler zum FDP-Außenseiter: Jürgen W. Möllemann und die Flugblatt-Affäre

  • Profielfoto Solveig Gode

Getty Images / dpa; Collage: Dominik Schmitt

Jürgen W. Möllemann galt in den 90er Jahren als einer der bedeutendsten und umstrittensten Politiker Deutschlands. Dem Liberalen gelang in kurzer Zeit der politische Aufstieg vom Bildungsminister zum Wirtschaftsminister und Vizekanzler. Später wurde er beinahe FDP-Chef auf Bundesebene – doch dann überschatteten Vorwürfe um dubiose Wahlkampffinanzierungen, illegale Spenden und ein als antisemitisch geltendes Flugblatt seine Karriere.

Triggerwarnung: In diesem Text und in der Podcast-Folge sprechen wir auch über einen Suizid. Wir berichten darüber, weil dieser ein essentieller Teil der Ereignisse ist. Solltet ihr selbst oder euer Umfeld über einen Suizid nachdenken, erhaltet ihr schnelle Hilfe bei Organisationen wie der Stiftung Deutsche Depressionshilfe oder der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

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Möllemann löste gleich zwei Politik- und Wirtschafts-Affären aus. 1993 wurde die sogenannte Briefbogen-Affäre bekannt: Der damalige Vizekanzler empfahl Handelsketten mit dem offiziellen Briefkopf des Wirtschaftsministeriums einen Einkaufschip. Brisant dabei: Dieser Chip wurde von der Firma eines Familienmitglieds Möllemanns vertrieben. Nach dem Vorwurf der Vetternwirtschaft musste Möllemann zurücktreten und verlor auch den FDP-Landesvorsitz in Nordrhein-Westfalen.

Möllemann arbeitete in den folgenden Jahren an seinem Comeback. Tatsächlich wurde er erneut Vorsitzender der FDP in Nordrhein-Westfalen und warb prominent im Bundestagswahlkampf 2002. Zu dieser Zeit polarisierte er, auch weil er am politisch-rechten Rand zu fischen schien. Schließlich überschritt er die Grenze, als er acht Millionen als antisemitisch geltende Flugblätter verteilen lässt – ohne Absprache mit Parteichef Guido Westerwelle. Als dann auch noch entdeckt wurde, dass die Finanzierung der Flyer aus illegalen Spendengeldern stammte, verlor Möllemann alle politischen Ämter und wurde zur Persona non grata.

Inmitten der Affäre nimmt sich Möllemann 2003 bei einem Fallschirmsprung das Leben. Bis heute gibt es unbeantwortete Fragen: Woher stammten die Millionen, mit denen der damals 57-Jährige die Flugblätter finanzierte? Welche Motive verfolgte er politisch? Warum glaubte er, in einer Sackgasse zu sein?

Diesen Fragen gehen wir gemeinsam mit Wolfgang Kubicki nach, einem langjährigen Vertrauten und Parteikollegen Möllemanns. In der aktuellen Folge unseres True-Crime-Podcasts „Macht und Millionen“ gibt der Bundestagsvizepräsident exklusive und emotionale Einblicke und erzählt offen, wie er ihn als Menschen und Politiker wahrgenommen hat.

Über den Podcast: 

Bei „Macht und Millionen“ sprechen Solveig Gode (28) und Kayhan Özgenc (52) alle zwei Wochen über die spannendsten Verbrechen und Skandale der deutschen Wirtschaft. In jeder Folge unseres True-Crime-Podcasts beleuchten die beiden Business-Insider-Journalisten einen Fall, den sie anhand eigener Recherchen und Original-Dokumente neu aufrollen. Sie erzählen von schillernden Millionären und tief gefallenen Managern, aber auch von Menschen von nebenan, die zu Tätern und Opfern wurden – wahre Wirtschaftskrimis, die genau so passiert sind. 

Ihr findet die neueste Folge von „Macht und Millionen“ auf SpotifyApple PodcastsGoogle PodcastsPodimo oder Deezer. Wenn ihr uns unterstützen und neue Episoden schon eine Woche vorher hören wollt, könnt ihr bei Apple Podcasts oder Spotify dem „Macht und Millionen Club“ beitreten. Dort erhaltet ihr außerdem exklusiv die erste Staffel sowie weitere Bonusinhalte. Das Abo kostet 3,99 Euro im Monat. 

Auf unserem Instagram-Account findet ihr neben Fotos rund um den aktuellen Fall auch immer vorab Hinweise zum Thema der jeweils nächsten Episode.

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Betrug bei Corona-Tests: Gesundheitsminister Spahn kündigt mehr Kontrollen an – Kritik von der SPD

Betrug bei Corona-Tests: Gesundheitsminister Spahn kündigt mehr Kontrollen an – Kritik von der SPD

  • Profielfoto Business Insider Deutschland

Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, beantwortet vor der Bundespressekonferenz Fragen von Journalisten zur Corona-Lage.
Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, beantwortet vor der Bundespressekonferenz Fragen von Journalisten zur Corona-Lage.

picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

Nach Berichten über Abrechnungsbetrug bei Corona-Tests kündigt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) „stichprobenartig mehr Kontrollen an“.

Er verurteilte in einer Mitteilung auf Twitter diejenigen, die sich in der Krise kriminell bereichern.

Von der SPD kam scharfe Kritik am Gesundheitsminister: „Das Managementversagen im Gesundheitsministerium hat inakzeptable Ausmaße angenommen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider.

In der Debatte um möglichen Abrechungsbetrug bei Corona-Tests schaltet sich nun auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein. Er kündigte „stichprobenartig mehr Kontrollen“ an. „Egal ob bei Masken oder beim Testen – jeder, der die Pandemie nutzt, um sich kriminell zu bereichern, sollte sich schämen“, schrieb der Minister im Kurznachrichtendienst Twitter. „Es ist gut, dass die Staatsanwaltschaft bei den bekannt gewordenen Einzelfällen die Ermittlungen aufgenommen hat.“

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Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität in Bochum hatte dies zuvor getan. Ermittelt wird offenbar gegen zwei Verantwortliche des in Bochum ansässigen Unternehmens MediCan, das an mehreren Standorten Teststellen betreibe, berichtete die „SZ“. Anlass der Ermittlungen waren Recherchen von WDR, NDR und „SZ“.

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Spahn wies darauf hin, dass die allermeisten Anbieter von Teststellen „das mit großen Engagement, sehr professionell und auch sehr ordentlich machen“. Die Bürgertests seien sehr pragmatisch in einer Situation möglich gemacht worden, in der ein schneller Aufbau gewollt gewesen sei, sagte der Minister am Samstag in Pretoria während eines Südafrika-Besuchs. Dabei entschieden die Behörden am Ort über Betreiber von Teststellen wie Ärzte, Apotheker, Rotes Kreuz oder auch private Anbieter. „Pragmatismus ist in dieser Zeit notwendig. Wer das aber ausnutzt, darf nicht davonkommen“, ergänzte Spahn auf Twitter.

Kritik an Spahn aus der SPD – und der eigenen Partei

Die SPD sieht Spahn in der Verantwortung. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte: „Nach den Masken jetzt die Schnelltests. Das Managementversagen im Gesundheitsministerium hat inakzeptable Ausmaße angenommen.“ Spahn habe Warnungen und Hinweise von Abgeordneten der Koalitionsfraktionen für die Testbedingungen ignoriert. „Er trägt die Verantwortung für den verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler und muss die Selbstbedienung unverzüglich beenden.“

Auch aus der eigenen Partei gab es Kritik an Spahn. So sagte Eckhardt Rehberg (CDU), haushaltspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Business Insider. „Das Testen darf kein unendliches profitables Geschäftsmodell sein.“ Dennis Rohde, der haushaltspolitische Sprecher der SPD, sagte Business Insider, es sei „ein skandalöser Vorgang, dass Jens Spahn in die Schnelltest-Verordnung keinen Kontrollmechanismus eingearbeitet hat.“ Auch Rohde sprach sich dafür aus, die Verordnung zu stoppen und zu überarbeiten.

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Spahn sagte, dass eine nachträgliche Kontrolle bereits vorgesehen sei. „In der Pandemie muss es manchmal schnell gehen.“ Anbieter müssten aber damit rechnen, dass Unterlagen bis Ende 2024 überprüft werden können. Ohnehin geplant gewesen sei, die Vergütung angesichts des größeren Angebots auf dem Markt demnächst zu senken.

Laut Angaben des Bundesjustizministeriums drohen für falsche Angaben bei den Abrechnungen hohe Strafen. Gewerbsmäßiger Betrug könne demnach mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

toh/dpa

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