-
Aus Polen
Diese 57-jährige Gründerin verkauft Stoffdecken und beschäftigt Hunderte Leute
Aus der Not heraus gründete eine Kindertherapeutin in einem kleinen polnischen Dorf ein Startup. Mittlerweile verschickt ihre Firma Therapiedecken über eine halbe Million Produkte im Jahr.
Alles fing mit einem autistischen Kind an: 2013 arbeitete Urszula Krzyzanowska als Kindertherapeutin in einem polnischen 150-Seelendorf. „Ich habe meinen Fokus auf Kinder aus armen Familien gelegt, die sich keine teuren Therapien bei Fachspezialisten leisten konnten,“ so die polnische Gründerin gegenüber Gründerszene. Dabei habe sie einen kleinen Jungen kennengelernt, der oft unruhig gewesen sei und schlecht geschlafen habe. Krzyzanowska hatte viel über die Wirksamkeit von Therapiedecken gelesen, jedoch habe es solche Produkte in Polen nicht gegeben, so die Gründerin. Sie begann also Nachtschichten einzulegen, um dem Jungen eine Decke zu nähen. „Ich habe nie daran gedacht, irgendwann mal ein eigenes Unternehmen zu gründen“, erzählt die Gründerin im Gespräch. Doch damit legte sie den Grundstein für ihre Startup Therapiedecken.
Die Firma verkauft Gewichtsdecken, die gegen Stress, Angst- und Panikattacken sowie Schlafstörungen helfen sollen. Dabei wirkt das Gewicht wie eine Umarmung, – wodurch die Ausschüttung der Schlaf- und Glückshormone Melatonin und Serotonin angetrieben wird. Die Decken bestehen laut Startup zu 100 Prozent aus Baumwolle, das auf Plantagen in Spanien gewonnen wird. Gefüllt werden die Decken mit Glasperlen, die aus der Tschechischen Republik stammen. Im Vergleich zu Plastikperlen sollen sie sanfter auf den Körper wirken. Im Onlineshop bietet die Firma die Gewichtsdecken in zwei Größen an. Der Preis variiert zwischen 149 und 249 Euro – je nach Umfang, Gewicht, Bezug und Füllung.
Studien bestätigen Wirksamkeit solcher Decken
Gewichtsdecken sind zwischen vier und 12 Kilogramm schwer und werden seit Längerem zu therapeutischen Zwecken von Kinderärzten und Psychotherapeuten empfohlen. Studien belegen, dass sie bei Kindern mit Angststörungen oder Autismus, aber auch bei einfachen Schlafstörungen helfen. Auch unter Erwachsenen sind diese Probleme weit verbreitet, wie eine Studie der DAK herausgefunden hat. Demnach kämpfen etwa 80 Prozent der Berufstätigen ab 35 mit Schlafstörungen. Die Corona-Pandemie habe diesen Trend verstärkt, weshalb die Umsatzzahlen des polnischen Startups seit Beginn der Krise gestiegen seien, so Krzyzanowska. Derzeit produziert das Unternehmen eigenen Angaben zufolge rund 2.500 Gewichtsdecken am Tag. Auf ein Jahr hochgerechnet summiert sich der Deckenverkauf also auf über 600.000. Wie viel das Unternehmen damit umsetzt, wollen die Chefinnen nicht sagen.
Krzyzanowska hat vor acht Jahren klein angefangen: Die heute 57-jährige entwarf gemeinsam mit ihrer Tochter Justyna die ersten Prototypen – etwa 30, bis sie zufrieden waren. Zunächst verschenkten sie die Decken im Dorf, bis sie sich 2014 aus ihrem Ersparten eine kleine Nähstube einrichteten. Das Gründerduo drehte Videos mit Nähanleitungen für die schweren Decken und veröffentlichte die Aufnahmen auf Youtube. Ein Onlineshop folgte. 2015 lieferten sie ihre ersten Produkte ins Ausland und schrieben erstmals schwarze Zahlen, erzählt Krzyzanowska.
Die schweren Decken werden nach wie vor in Handarbeit gefertigt. Dafür beschäftigt das Unternehmen je nach Saison zwischen 320 und 450 Mitarbeiter. Darunter befindet sich etwa ein Dutzend Personen, die körperlich und geistig beeinträchtigt sind. „Manche von ihnen nähen, andere schneiden die Stoffe, wieder andere sind für das Befüllen der Decken zuständig“, so Krzyzanowska.
Die Polin leitet das Unternehmen, ist nebenbei jedoch weiterhin als Kindertherapeutin tätig. „Die Arbeit gibt mir Einblicke in die Bedürfnisse der Kinder und den Ansporn, neue Gewichtsprodukte zu entwickeln“. Ihre Tochter Justyna und ihr Schwiegersohn Mateusz kümmern sich indes um die Logistik sowie den ganzen „Papierkram“ im Unternehmen, erzählt die Gründerin. Ob Tochter Justyna irgendwann ein zweites Mal gründen möchte? „Sicherlich“, ist ihre Mutter überzeugt.
Aktuelle News
- Chef-Ermittler der WHO: Der erste Corona-Patient könnte sich doch in einem chinesischen Labor angesteckt haben
- Sind unsere Kinder in Schulen genug vor Corona geschützt? Eltern sagen nein – und fordern eine Impfpflicht für Lehrer und sogar Eltern
- Besuch in Gigafactory: Laschet fragt Elon Musk, ob Wasserstoff die Zukunft ist – dann wird er ausgelacht
- Nach Pannen und ideenlosem Wahlkampf: Bei der Union wächst der Druck auf Laschet
- Weil die Kunden immer weiter sparten: Diese Bank stellt Sparbuch und Tagesgeld ein