Nun gilt die Berufsimpfpflicht: So streng wird sie in den Bundesländern jeweils umgesetzt

Die Gesundheitsämter der Bundesländer müssen ab 15. März die Impfpflicht für Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen umsetzen und bei ungeimpftem Personal Konsequenzen ziehen.

Die Gesundheitsämter der Bundesländer müssen ab 15. März die Impfpflicht für Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen umsetzen und bei ungeimpftem Personal Konsequenzen ziehen.

picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE

In Deutschland gilt ab diesem Mittwoch die sogenannte einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht für Beschäftigte etwa von Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen.

Die Gesundheitsämter der jeweiligen Bundesländer müssen die Impfpflicht in diesen Berufen umsetzen und bei ungeimpftem Personal Konsequenzen ziehen.

Doch die Umsetzung der Impfpflicht unterscheidet sich von Land zu Land. Hier findet ihr einen Überblick.

In Deutschland gilt nun die sogenannte einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht. Bis zum Dienstag mussten Beschäftigte etwa von Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen gegen das Coronavirus geimpft sein und entsprechende Nachweise vorlegen. Ab diesem Mittwoch können Gesundheitsämter nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums die Impfpflicht in diesen Berufen umzusetzen und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen. Doch vielerorts setzen die Ämter auf mehrstufige Verfahren, die sich hinziehen können, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigt.

Brandenburg: Die Gesundheitsämter setzen den ungeimpften Mitarbeitern zunächst eine Frist von drei Wochen, um einen Nachweis über Impfung oder Genesung beziehungsweise ein Attest zur Befreiung von der Impfpflicht vorzulegen. Wenn eine Impfserie begonnen wurde, gibt es für sechs Wochen keine Betretungs- oder Tätigkeitsverbote. Es kann eine zweite Mahnung mit Angeboten zur Beratung und Impfterminen folgen. Erst wenn auch dies nicht zum Nachweis einer Impfung führt, könnte den Mitarbeitern der Zugang zu Einrichtungen verboten werden.

Sachsen: Die Gesundheitsämter sollen genau prüfen, ob Heime und Krankenhäuser noch versorgt werden können, bevor sie für ungeimpfte Beschäftigte Betretungsverbote aussprechen. Einige Landkreise haben bereits angekündigt, dass sich die Einzelfallprüfungen bis in den Sommer ziehen dürften.

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Sachsen-Anhalt: Das Gesundheitsamt fordert die Betroffenen zur Vorlage eines Nachweises auf. Es folgen die Ermittlungen des Amtes, gegebenenfalls mit einer ärztlichen Untersuchung, Anhörungen, einem Zwangsgeld oder Bußgeld. In einem Erlass zur Impfpflicht weist das Land auf den Ermessensspielraum hin. „Nicht jeder Verstoß gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht führt zwingend zu einem Betretungs- oder Tätigkeitsverbot.“ So solle davon abgesehen werden, wenn dadurch die medizinische oder pflegerische Versorgung im jeweiligen Landkreis oder der kreisfreien Stadt erheblich gefährdet ist.

Thüringen: Ab Mittwoch müssen die Einrichtungen den Gesundheitsämtern melden, wer bei ihnen ungeimpft ist. Danach folgt ein monatelanges Verwaltungsverfahren mit Einzelfallprüfungen und Anhörungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die Gesundheitsämter sollen nach Ermessen entscheiden, wer als letzte Konsequenz nicht mehr zur Arbeit kommen darf. In diese Entscheidung soll auch einfließen, ob der Betrieb ohne die betreffenden Mitarbeiter sichergestellt werden kann.

Mecklenburg-Vorpommern: Der Arbeitgeber muss dem Gesundheitsamt melden, wer nicht geimpft ist. Dann startet ein Verfahren mit Anhörung, und am Ende gibt es laut Gesundheitsministerium eine Ermessensentscheidung. Das könne mehrere Wochen in Anspruch nehmen, hieß es. Beschäftigte könnten sich auch in dieser Zeit noch impfen lassen, dann gebe es keine Konsequenzen.

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Niedersachsen: Die Gesundheitsämter fordern laut Gesundheitsministerium ungeimpfte Beschäftigte zunächst auf, einen Impfnachweis oder ein Attest vorzulegen. Den Einrichtungen werde empfohlen, die betreffenden Beschäftigten zunächst patientenfern einzusetzen. Werde kein Nachweis vorgelegt, könne eine Anhörung mit einer Zwangsgelddrohung folgen – dieses Zwangsgeld beträgt 1500 Euro bei einer Vollzeitstelle. Danach könne ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro verhängt werden. Wird weiterhin kein Nachweis erbracht, kann das Gesundheitsamt ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot verfügen.

Schleswig-Holstein: Nach der Meldung eines ungeimpften Mitarbeiters leitet das Gesundheitsamt ein Verwaltungsverfahren ein. So dürfen betroffene Mitarbeiter auch nach Dienstag in den Einrichtungen vorerst weiterarbeiten, bis die Prüfung ihres Falls abgeschlossen ist. Dann trifft das Gesundheitsamt eine Ermessensentscheidung und kann im Einzelfall ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot anordnen.

Bremen: Wer als ungeimpft gemeldet wurde, bekommt von Mittwoch an den Hinweis, dass ein Impfnachweis vorzulegen ist und dafür eine Frist von vier Wochen eingeräumt wird. Nach Ablauf der Frist werden die Beschäftigten dann erneut aufgefordert, einen Impfnachweis vorzulegen. Zugleich wird ein Beschäftigungsverbot angedroht. Zudem wird den nicht-geimpften Beschäftigten die Möglichkeit zur Anhörung geboten. Sollte nach Ablauf von erneut vier Wochen kein Impfnachweis vorliegen, wird ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen.

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Baden-Württemberg: Haben die Beschäftigten bis zum Dienstag keinen Impfnachweis vorgelegt, werden diese ungeimpften Mitarbeiter den Gesundheitsämtern mit Name und Kontaktdaten gemeldet. Die Behörden stellen den betroffenen Mitarbeitern dann eine Frist von voraussichtlich zwei Wochen, um den Nachweis noch vorzulegen. Wird bis dahin Impfbereitschaft signalisiert oder haben die Impfungen dann schon begonnen, gibt es eine weitere Frist. Sollten auch dann keine Nachweise vorgelegt werden, können den Angaben zufolge sogenannte Betätigungs- oder Betreuungsverbote ausgesprochen werden. Allerdings haben die Gesundheitsämter dabei einen Ermessensspielraum und dürfen je nach Einzelfall entscheiden. Es drohen zudem Bußgelder.

Hamburg: Ungeimpfte Beschäftigte sollen innerhalb von zwei Wochen vom Gesundheitsamt kontaktiert und aufgefordert werden, binnen eines Monats einen gültigen Nachweis vorzulegen. Geschieht dies nicht, entscheidet das Gesundheitsamt, ob ein Tätigkeits- beziehungsweise ein Betretungsverbot ergeht. Dabei soll jeder Einzelfall geprüft werden. Es sollen auch Kriterien wie Impfquote in der Einrichtung, gegenwärtiger Personalstand oder Möglichkeiten anderweitiger Personalgewinnung berücksichtigt werden.

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Rheinland-Pfalz: Wenn die Impfnachweise nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt werden oder Zweifel bestehen, muss die Leitung der jeweiligen Einrichtung dies unverzüglich dem zuständigen Gesundheitsamt melden. Ungeimpfte Mitarbeiter werden aufgefordert, die erforderlichen Nachweise vorzulegen und erhalten dafür eine Frist von zwei Wochen. Sollte der Nachweis auch dann nicht erbracht werden, werde im Regelfall ein Bußgeld von 500 Euro verhängt. Zudem werde den Beschäftigten verboten, die Einrichtung zu betreten, hieß es.

Saarland: Die Gesundheitsämter sollen bei fehlendem Nachweis Kontakt mit den gemeldeten Personen aufnehmen. Im zweiten Schritt werde eine Anordnung erfolgen, den Immunitätsnachweis zu erbringen. Bei Verweigerung drohe ein Bußgeld. Während des Verfahrens bestehe kein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot, so das Gesundheitsministerium.

Hessen: Laut Sozialministerium melden die Einrichtung zunächst bis Ende März an die Gesundheitsämter, welche Mitarbeiter keinen Nachweis vorgelegt haben. Dann sollen diese Beschäftigten vom Gesundheitsamt dazu aufgefordert werden, diesen Nachweis nachzureichen. Es gilt eine vierwöchige Frist. Geschieht dies nicht, dann kann das Gesundheitsamt ein Bußgeld verhängen – in Hessen drohen 2500 Euro. Erst in einer letzten Stufe prüft das Gesundheitsamt – unter Einbeziehung der Einrichtung – ein mögliches Tätigkeitsverbot. Dieses solle frühestens sechs Wochen nach Entscheidung des Gesundheitsamts wirksam werden.

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Nordrhein-Westfalen: Das Gesundheitsamt soll zu ungeimpften Beschäftigten Kontakt aufnehmen und einen Nachweis einfordern. Wenn dann keine Rückmeldung erfolgt, könnten bis zu 2500 Euro Bußgeld verhängt werden. Falls in einer „angemessenen Frist“ von den betroffenen Beschäftigten dann kein Nachweis vorgelegt oder der Aufforderung einer ärztlichen Untersuchung nicht Folge geleistet wird, könnten die Gesundheitsämter das Betreten der Einrichtung oder das Arbeiten dort untersagen, so das Gesundheitsministerium.

Bayern: Die Gesundheitsämter sollen den Betroffenen die Chance einräumen, ihre Entscheidung zu überdenken. Ziel ist, noch möglichst viele bislang Ungeimpfte zu überzeugen. Auf das Beratungsangebot folgt dann eine förmliche Aufforderung zur Vorlage der gesetzlich festgelegten Nachweise beim Gesundheitsamt. Erfolgt dies nicht, wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. «In letzter Konsequenz – aber nur als Ultima Ratio – kann dann ein Betretungsverbot ausgesprochen werden», so das Gesundheitsministerium.

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Berlin: Berlin setzt die einrichtungsbezogene Impfpflicht unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit um. Das bedeutet: Die Gesundheitsämter bewerten, wie stark die Gesundheitsversorgung gefährdet sein könnte und können ein Verfahren auf dieser Basis notfalls aussetzen. Es werden also nicht automatisch Betretungs- oder Tätigkeitsverbote für Beschäftigte ausgesprochen, die die nötigen Impfnachweise nicht vorlegen. In dem Fall dürften die Beschäftigten, die erforderliche Nachweise nicht vorgelegt haben, zunächst weiterarbeiten. Gibt es nach den erhobenen Daten kein Risiko bei der Versorgung, leiten die Gesundheitsämter ein Bußgeldverfahren ein.

Dieser Artikel wurde zuletzt am 16. März 2022 aktualisiert. Er wurde am 14. März 2022 veröffentlicht.

DPA / ceb

Propaganda und Druckmittel: Wie Putin Fluchtkorridore nutzt, um sich als Befreier der Ukrainer zu inszenieren

Menschen, die die umkämpfte Stadt Mariupol auf eigene Faust in Richtung Donezk verlassen haben, sind auf dem Weg zu einem Hilfszentrum im ukrainischen Dorf Bezymennoje.

Menschen, die die umkämpfte Stadt Mariupol auf eigene Faust in Richtung Donezk verlassen haben, sind auf dem Weg zu einem Hilfszentrum im ukrainischen Dorf Bezymennoje.

picture alliance/dpa, Sergei Bobylev/TASS

Die ukrainische Regierung hatte sich mit Russland auf sieben Fluchtkorridore geeinigt, über die sie Geflüchtete aus umkämpften Städten in Sicherheit bringen wollte. Funktioniert hat bisher nur einer, nämlich in der Stadt Sumy.

Beide Kriegsparteien machen sich gegenseitig für das Scheitern verantwortlich und beschuldigen die andere Seite, die Feuerpausen entlang des Korridors gebrochen zu haben.

Militärexperten fürchten, dass sich hinter den Fluchtkorridoren auch eine Strategie Russlands verberge. Putin wolle sich als Retter der Ukrainer inszenieren, vermutet András Rácz von der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik.

Seit Tagen verhandelt die ukrainische Regierung mit Russland zu Fluchtkorridoren, über die sie Zivilisten aus umkämpften Städten herausholen will. 6700 Menschen hättten so bereits aus der nordöstlich gelegenen Stadt Sumy gerettet werden können, teilte die ukrainische Regierung mit. Doch bislang scheint dies der einzige der sieben vereinbarten Fluchtkorridore zu sein, der funktionierte.

In anderen Städten wie Mariupol scheiterten bereits mehrere Anläufe, einen Fluchtkorridor einzurichten: Dort warten nach Angaben des Roten Kreuzes 200.000 Menschen bei katastrophalen Bedingungen darauf, aus der Stadt zu kommen.

Beide Kriegsparteien machen sich gegenseitig für das Scheitern verantwortlich und beschuldigen die andere Seite, Feuerpausen entlang der Korridore gebrochen zu haben. Militärexperten fürchten, dass hinter der Einrichtung der Fluchtkorridore auch eine Kriegsstrategie stecken könnte. Zumal die russische Seite die Zivilbevölkerung ausschließlich nach Belarus und Russland fliehen lassen will.

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Fluchtkorridore nach Russland oder Belarus helfen Wladimir Putin sich als Befreier zu inszenieren

Tatsächlich hatte der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kyslyzja erst am Montag in New York kritisiert, dass Russland die geplanten Fluchtrouten kurzfristig geändert habe: Statt sie über die zentralukrainische Stadt Poltawa laufen zu lassen, wie mit dem internationalen Komitee des Roten Kreuzes vereinbart, sollten sie nur noch über Russland und Belarus laufen.

András Rácz, Forscher der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik, sieht dieses Vorgehen Russlands als Teil der militärischen Strategie: „Fluchtkorridore nach Russland oder nach Belarus folgen der Propaganda-Logik des russischen Präsidenten Wladimir Putin“, sagte er uns. Konkret meint Rácz damit: „Sobald Ukrainer darüber fliehen, kann er sich als Befreier der Ukraine vom blutigen Nazi-Regime inszenieren.“ Putin wolle damit in der russischen Bevölkerung Zustimmung zum Ukraine-Krieg erreichen, weil er den Menschen weismachen wolle, dass der Einmarsch der russischen Armee dem Hilfe-Ersuchen der Ukrainer nachkomme.

In der Realität ist Putin jedoch alles andere als der Befreier: Von rund zwei Millionen geflüchteten Ukrainern flohen nur rund 100.000 nach Belarus oder Russland.

In den Verhandlungen mit der Ukraine können Fluchtkorridore auch als Druckmittel dienen

Fluchtkorridore erfüllen noch einen anderen Zweck, glaubt Politologe Rácz. Nach innen könnten sie auch als Druckmittel gegen die ukrainische Regierung dienen, sagt er: „Wladimir Putin versucht die ukrainische Bevölkerung möglichst viel leiden zu lassen, in dem er beispielsweise Fluchtkorridore oder zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser beschießt“, sagt Rácz. Damit setze er die Ukraine unter Zwang, aufzugeben. Denn je länger sich die Ukrainer wehrten, desto schlimmer werde das Leid für die eigene Bevölkerung.

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Wie stark Putin auch auf Leid bei der Zivilbevölkerung setzt, ließ sich zuletzt in der Stadt Mariupol beobachten, in der seine Truppen eine Geburtsklinik beschossen haben sollen. Mindestens drei Tote habe man nach Angaben des Stadtrats geborgen. Und auch im Kiewer Vorort Irpin sollen russische Truppen nach Angaben aus Kiew am vergangenen Sonntag den Fluchtkorridor beschossen und dabei mindestens acht Menschen getötet haben.

Unabhängig von der Funktion als Druckmittel stecke hinter der Einrichtung von Fluchtkorridoren mit Feuerpausen jedoch noch eine weitere taktische Überlegung, glaubt der frühere Nato-General Egon Ramms: Eine Seite kann demnach in dieser Zeit ihre Truppen neu sortieren und militärische Operationen vorbereiten. Dann gebe es die Möglichkeit, ohne eine relative Bedrohung der anderen Seite „Kräfte umzugruppieren oder Kräfte nachzuführen“ sowie Nachschub bei der Versorgung zu organisieren, so Ramms am Samstag im ARD-„Morgenmagazin“.

mit Material der dpa

Anderthalb Jahre arbeiteten Unterstützer an ihrer Rückkehr in die Spitzenpolitik: Wie es zum Comeback von Andrea Nahles kam

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Andrea Nahles gelten als langjährige Vertraute

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Andrea Nahles gelten als langjährige Vertraute

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Einst an der Spitze der SPD, dann parteiintern demontiert und entnervt aufgegeben – nun zurück: Die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit werden.

An dem Comeback arbeiteten namhafte Unterstützer seit fast anderthalb Jahren, wie Recherchen von Business Insider zeigen.

Schon Ex-Kanzlerin Angela Merkel soll eine Rückkehr unterstützen haben, was aber am Widerstand der Arbeitgeber scheiterte.

Es dürfte schon jetzt das Polit-Comeback des Jahres sein: Die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden. Darauf einigten sich am Dienstag Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter im Verwaltungsrat der BA, der mit rund 100.000 Beschäftigten größten Bundesbehörde Deutschlands.

Ihre Wahl im Verwaltungsrat ist damit reine Formsache. Zwar muss Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellvertretend für die Bundesregierung offiziell noch zustimmen. Doch eine Ablehnung gilt trotz des angeblich unterkühlten Verhältnisses zwischen den beiden als unwahrscheinlich, weil Heil damit den Verwaltungsrat düpieren würde. Wann genau Nahles den mit 400.000 Euro dotierten Job übernimmt, ist noch unklar. Der Vertrag des amtierenden BA-Chefs Detlef Scheele endet regulär voraussichtlich erst Mitte 2022.

Operation „Nahles“ dauerte anderthalb Jahre

Am Comeback von Nahles haben Vertraute fast anderthalb Jahre gearbeitet, allen voran der frühere BA-Chef Frank-Jürgen Weise sowie mehrere Gewerkschaftsvertreter, vor allem der DGB und IG Metall. Sie selbst soll dagegen eher zurückhaltend gewesen sein. Bereits im August 2020 hatte Business Insider exklusiv berichtet, dass der Verwaltungsrat seit Sommer 2020 Geheim-Gespräche zur Nachfolge von Scheele führte. Der ursprüngliche Plan: Noch vor der Bundestagswahl wollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Verwaltungsrat einigen, wer Scheele 2022 nachfolgt. Zu groß war die Sorge im Gremium, dass die Jobs im BA-Vorstand als politische Versorgungsposten missbraucht würden.

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Tatsächlich schien die Sorge vor einer politischen Einflussnahme zwischenzeitlich auch nicht unbegründet zu sein. So habe Arbeitsminister Heil vor der Bundestagswahl intern eine seiner Staatssekretärinnen ins Spiel gebracht, heißt es aus Kreisen, die mit dem Auswahlprozess für einen neuen BA-Chef vertraut sind. Nachdem aber auch mehrere Managerinnen und Konzern-Vertreter absagten, war plötzlich Andrea Nahles im Rennen.

Die frühere SPD-Parteichefin und Fraktionsvorsitzende hatte sich nach einem historisch schlechten Ergebnis bei der Europawahl im Juni 2019 aus der Politik zurückgezogen. Monatelang war sie zuvor von innerparteilichen Gegnern attackiert worden, zog sich entnervt zurück.

Eine frühere Arbeitsministerin, die plötzlich in ihrem alten Ressort eine Behörde führen sollte? Unterstützer wie der frühere BA-Chef Frank-Jürgen Weise sollen im Kanzleramt vorgefühlt haben, heißt es. Denn der Schritt wäre historisch einmalig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), so heißt es von mehreren Quellen gegenüber Business Insider, gab jedoch grünes Licht – wobei es auch die gegenteilige Version gibt. So oder so: Am Ende scheiterte das Vorhaben am Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, einem einflussreichen Mitglied im Verwaltungsrat. Der legte laut damals Beteiligten sein Veto ein.

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Doch je mehr andere Kandidaten absagten und die Zeit bis zur Wahl kürzer wurde, desto größer wurden am Ende die Chancen von Nahles. Denn klar war auch: Mit Daniel Terzenbach, der ein BA-Gewächs ist und im dreiköpfigen BA-Vorstand für den operativen Bereich tätig ist, hätte man zwar einen Kompromisskandidaten gehabt, auf den sich alle Beteiligten hätten gut einigen können. Doch mit 41 Jahren ist der zweifache Familienvater noch recht jung.

Am Ende spielte der überraschende Regierungswechsel im Herbst vorigen Jahres Nahles in die Hände. Denn bis heute gilt ihr Verhältnis zum neuen Kanzler Olaf Scholz (SPD) als sehr eng. Er soll die Personalie unterstützt haben. Die Arbeitgeberverbände ließen schließlich ihren Widerstand fallen, nachdem sie mit Arbeitnehmern und Regierung einen Deal schließen konnten. So soll der Vorstand auf vier Personen erweitert werden: Neben Terzenbach neu hinzu kommt Katrin Krömer, zehn Jahre bei der Unternehmensberatung McKinsey, dann stellvertretende Chefin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, zuletzt Personalentwicklungs-Chefin bei der Deutschen Bahn. Dazu Vanessa Ahuja, die über Parteigrenzen hinweg anerkannte Arbeitsmarkt-Abteilungsleiterin in Heils Arbeitsministerium. Beide Frauen wurden von den Arbeitgebern vorgeschlagen, die mit dem Gesamt-Personaltableau in ihren Augen Nahles „einmauern“ können.

Wie sehr die Arbeitgeber-Seite misstraut, sieht man übrigens auch an der Stellungnahme zur Causa Nahles. Anstatt zuerst die wichtigste Personalie zu kommentieren, erklärt Christina Ramb, stellvertrerende Vorsitzende des Verwaltungsrates und Verteterin dee Arbeitgeberseite: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Katrin Krömer und Vanessa Ahuja – zwei ausgewiesene Expertinnen in der Personal- und Arbeitsmarktpolitik gewinnen konnten. Gemeinsam mit Andrea Nahles und Daniel Terzenbach ist der Vorstand in diesem kompetenten Viererteam den enormen Herausforderungen, denen sich die Bundesagentur für Arbeit stellen muss, gewachsen.“ In der Stellungnahme der Arbeitnehmerverteter wird Nahles übrigens zuerst namentlich genannt.

Mitglied des Corona-Expertenrats: Omikron-Welle ist noch nicht auf Intensivstationen angekommen

Die Omikron-Welle ist offenbar noch nicht auf den Intensivstationen angekommen, sagt Mediziner Karagiannidis

Die Omikron-Welle ist offenbar noch nicht auf den Intensivstationen angekommen, sagt Mediziner Karagiannidis

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Die Omikron-Mutation des Corona-Virus ist inzwischen die dominierende Variante in Deutschland.

Auf den Intensivstationen ist die Omikron-Welle allerdings noch nicht angekommen, sagt Intensivmediziner Christian Karagiannidis, der im Corona-Expertenrat auch die Bundesregierung berät.

Dennoch warnte Karagiannidis vor der Gefahr durch Omikron, besonders für Ungeimpfte.

Die Omikron-Welle ist nach Einschätzung der Fachgesellschaft der Intensiv- und Notfallmediziner noch nicht auf den Intensivstationen angekommen. Er rechne aber damit, dass es in der nächsten oder übernächsten Woche deutlich mehr Corona-Patienten in den Notaufnahmen gebe werde, sagte Intensivmediziner Christian Karagiannidis am Samstag im Deutschlandfunk. Der Experte leitet das Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und ist Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung.

Im Moment machten sich die hohen Inzidenzen noch nicht bemerkbar, sagte er. „Es sieht nicht so aus, als wenn im Moment, Stand heute, die Omikron-Welle schon auf den Intensivstationen durchgeschlagen ist.“ Allerdings infizierten sich derzeit auch hauptsächlich jüngere Menschen im Alter bis 35 Jahre. Zugleich sehe man vermehrt auch Infektionen in der kritischen Infrastruktur, Krankenhäuser müssten sich darauf vorbereiten, dass Ärzte und Pflegekräfte ausfielen.

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Karagiannidis betonte: „Wenn wir das ganze Infektionsgeschehen jetzt extrem laufen lassen und ganz hohe Inzidenzen akzeptieren, dann akzeptieren wir auch, dass das Virus ganz sicher die Ungeimpften findet.“ Bereits jetzt seien 62 Prozent der Corona-Patienten auf den Intensivstationen ungeimpft, nur 5 Prozent hätten eine Auffrischungsimpfung.

toh/dpa

Aktuelle News

Gesundheitsminister Lauterbach: Überlegungen zu verkürzter Quarantäne-Dauer nötig

Gesundheitsminister Lauterbach: Überlegungen zu verkürzter Quarantäne-Dauer nötig

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, spricht während einer Pressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, spricht während einer Pressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage.
picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bestätigt, dass die Bundesregierung überlegt, die Zeit für die Corona-Quarantäne zu reduzieren.

Hintergrund sind Sorgen um Personalausfälle in kritischen Bereichen in einer durch die Omikron-Variante ausgelösten fünften Corona-Welle.

Lauterbach kündigte zudem an, für mehr Personal in Gesundheitsämtern sorgen zu wollen.

Die Entwicklung der Corona-Pandemie mit einer befürchteten fünften Welle wirft auch nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Frage nach der Quarantäne-Dauer auf. Es sei „eine etwas andere Situation als wir vor einer Woche gehabt haben“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in den ARD-„Tagesthemen“. Man müsse nun überlegen, „was bedeutet das für die Quarantäne-Dauer, was bedeutet das für die Kontaktreduzierungen?“

Es gebe aber derzeit nur Schätzwerte zur Corona-Lage, weil die Neuinfektionen über die Feiertage nur unzureichend erfasst würden: weil weniger getestet werde, weil die Tests dann auch verspätet an die Gesundheitsämter gemeldet würden und weil die Ämter selbst die Daten auch später weiterleiteten. Die Gesundheitsämter hätten viel zu wenig Personal, sagte Lauterbach. Er wolle dies ändern. „Das ist eine Priorität, die ich habe.“ Die Schätzwerte seien aber „gut genug, um zu sehen, was sich in Deutschland abspielt“.

USA und Großbritannien haben Corona-Quarantäne bereits reduziert

Mehrere Länder wie etwa die USA und Großbritannien haben angesichts der anrollenden Welle mit der noch ansteckenderen Virusvariante Omikron die Quarantäne-Dauer für Infizierte ohne Symptome bereits verkürzt, um einem akuten Personalmangel in Einrichtungen und Branchen vorzubeugen, die für die Grundversorgung und Sicherheit nötig sind. Spanien verkürzte die Quarantäne-Dauer für symptomlose Infizierte am Mittwoch von zehn auf sieben Tage.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dringt auf eine Regelung auch für Deutschland. „Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um gut vorbereitet zu sein – auch und gerade mit Blick auf die kritische Infrastruktur“, sagte er dem Nachrichtenportal „Watson“. „Denkbar wäre aus meiner Sicht beispielsweise eine Befreiung von der Quarantäne für geboosterte Kontaktpersonen.“ In der Sendung „RTL Direkt“ sagte er, nötig sei eine Stellungnahme des Robert Koch-Instituts oder des Expertenrats der Bundesregierung noch vor der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz am 7. Januar.

Deutscher Städtetag fordert mehr Testkapazitäten

Der Deutsche Städtetag forderte Bund und Länder auf, mehr Labor- und Testkapazitäten zu ermöglichen. Sie sollten „dafür sorgen, dass die niedergelassenen Praxen die nötigen PCR-Tests auch an Feiertagen wie Weihnachten und Neujahr sicherstellen und auch genügend Laborkapazitäten an diesen Tagen zur Verfügung stehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). Die Gesundheitsämter seien nicht das Nadelöhr – die meisten PCR-Tests würden von der Ärzteschaft durchgeführt. „Da viele Arztpraxen und Labore jetzt im Weihnachtsurlaub sind, wird dort weniger getestet.“

jg/dpa

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