Frust, Abgänge – was passiert gerade beim Milliarden-Startup Shopify?

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Frust, Abgänge – was passiert gerade beim Milliarden-Startup Shopify?

Shopify verzeichnete im Jahr 2020 ein enormes Wachstum, dann verließen viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Unternehmen. Wie kam es dazu?

Startete seinen Shop-Baukasten 2006 in Kanada: Shopify-Gründer Tobias Lütke
Startete seinen Shop-Baukasten 2006 in Kanada: Shopify-Gründer Tobias Lütke

Shopify

Shopify hat im vergangenen Jahr nach einem starken Wachstum einige große Veränderungen durchlaufen. Seit der Gründung im Jahr 2006 bietet die Firma E-Commerce-Tools für kleine und mittelgroße Unternehmen an, die nicht über große Budgets für Technologie verfügen. Der frühe Erfolg des Unternehmens hat sich im Jahr 2020 noch beschleunigt, als die Covid-19-Pandemie Unternehmen dazu zwang, ihre E-Commerce-Geschäfte ernster zu nehmen und sich die Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher zunehmend ins Internet verlagerten.

Diese Entwicklungen ließen sich auch an den Geschäftszahlen von Shopify ablesen: Das Unternehmen meldete für 2020 ein Umsatzwachstum von 86 Prozent. Das Bruttoumsatzvolumen — oder der Gesamtumsatz, der über die Plattform abgewickelt wird — ist im Jahresvergleich um 96 Prozent gestiegen. Parallel zu diesem Wachstum hat das vergangene Jahr außerdem einen Wandel in der Unternehmenskultur von Shopify bewirkt.

Kulturelle Stolpersteine haben einige Mitarbeiter frustriert

Aktuelle wie auch ehemalige Angestellte haben Insider von diversen Vorfällen berichtet, bei denen die Unternehmensführung ihrer Meinung nach nicht angemessen auf die interne Rassismusdebatte im Sommer 2020 reagiert hat. Angesichts der Proteste im Zusammenhang mit der Ermordung von George Floyd herrschten zu dieser Zeit große politische Spannungen.

Bei einem Vorfall ging es um eine Diskussion unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über ein Galgen-Emoji im Slack-System von Shopify. Als die Diskussionen immer hitziger wurden, änderte Gründer Tobias Lütke die Einstellung des entsprechenden Slack-Kanals, so dass er nur noch gelesen, aber nicht mehr darin geschrieben werden konnte. Einige Wochen später schickte er eine E-Mail an die Shopify-Führungskräfte, in der er seine Haltung bezüglich des Stellenwerts klarstellte, den Unternehmen im Leben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einnehmen sollten. In der machte er klar: Shopify ist ein gewinnorientiertes Unternehmen, keine Familie. Schon die Idee sei absurd.

Shopify verliert zahlreiche wichtige Führungskräfte

Sowohl Chief Talent Officer Brittany Forsyth als auch Chief Legal Officer Joe Frasca haben Shopify kürzlich verlassen.
Sowohl Chief Talent Officer Brittany Forsyth als auch Chief Legal Officer Joe Frasca haben Shopify kürzlich verlassen.

Shopify

Shopify hat im April bekannt gegeben, dass die Chief Talent Officer, der Chief Technology Officer und der Chief Legal Officer das Unternehmen bald verlassen werden. Im September hatte sich bereits der Chief Product Officer von Shopify verabschiedet. Auch auf weiteren Führungsebenen hatte das Startup mehrere Abgänge zu verzeichnen. Insidern zufolge haben seit Juni 2020 mindestens drei Vizepräsidenten, ein General Manager, ein Managing Director und elf Direktoren das Unternehmen verlassen. Einige von ihnen gingen, um in Startups zu investieren oder ihre eigenen Unternehmen zu gründen. Andere wiederum erklären, dass Lütkes Führungsstil die Mitarbeiter vertreibt.

Shopify ist auf weiteres Wachstum eingestellt

Um seine Reichweite zu erhöhen, hat Shopify kontinuierlich neue Produkte auf den Markt gebracht und ist neue Partnerschaften eingegangen — etwa mit Facebook und Google. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, den E-Commerce-Markt weiter zu dominieren und Amazon die Stirn zu bieten.

Der Schlüssel zum Wachstum liegt darin, seine Partner und Entwickler für die Entwicklung neuer Produkte für die eigene Plattform zu begeistern. Je besser die Tools sind, die den Händlern zur Verfügung stehen, desto mehr Verkäufe können sie erzielen, was letztendlich zu höheren Einnahmen für Shopify führt. Mehr als 1,7 Millionen Händler haben jetzt Online-Shops über Shopify. Einige von ihnen wollen ihre Geschäfte mit Hilfe der Plattform an große Unternehmen verkaufen. Das Unternehmen plant außerdem, im Jahr 2021 mehr als 2.000 Ingenieurinnen und Ingenieure einzustellen. Derzeit beschäftigt Shopify mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Dieser Artikel wurde von Ilona Tomić aus dem Englischen übersetzt und editiert. Das Original lest ihr hier.

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Business Bullshit: „Wer Phrasen verbreitet, glaubt nicht wirklich daran. Und wer sich das ständig anhören muss, auch nicht“

Getty Images

Anstatt Klartext zu reden, versuchen Manager mit leeren Phrasen häufig über Tatsachen oder Unsicherheit hinwegzutäuschen.

In seinem neuen Buch „Business Bullshit“ hat der Wirtschaftsjournalist Jens Bergmann die 100 schlimmsten Phrasen und Blasen von Managern zusammengestellt.

In sechs Kapiteln analysiert er die Funktion und die Bedeutung all dieser Begriffe.

Die Arbeitswelt ist voll mit leeren Phrasen und Worthülsen. Bei der „Performance“ gibt es noch „Luft nach oben“. Die Quartalszahlen sind zwar im Keller — trotzdem ist das Unternehmen „gut aufgestellt“. Führungskräfte rufen ihre Mitarbeitenden gerne dazu auf, endlich ihre „Komfortzone“ zu verlassen. Nach Möglichkeit sollten diese aber trotzdem auf ihre „Work-Life-Balance“ achten. Sonst wäre ja der ganze Ansatz von „New Work“ im Eimer.

Jens Bergmann, Wirtschaftsjournalist und stellvertretender Chefredakteur des Magazins „brand eins“, wird täglich mit Manager-Sprech wie diesem überhäuft. In seinem neuen Buch „Business Bullshit“, das im Dudenverlag erschienen ist, entlarvt er alle Phrasendrescher. Dafür hat er die 100 schlimmsten Worthülsen, die durch die Arbeitswelt geistern, zusammengefasst — und deren Bedeutung analysiert. Ein paar davon stellen wir euch nun vor.

Zwei Unternehmen, ein Gedanke

Business Bullshit kommt in vielen Bereichen zum Einsatz. Es eignet sich hervorragend, um Unschönes zu beschönigen, sich wichtig zu machen, geschäftig zu wirken, Geld zu verdienen oder um um Tatsachen herum zu schwadronieren. „Am schlimmsten ist dieser Gutfirmensprech und die damit verbundene Weltenretter-Attitüde“, sagt Bergmann.

Denn Manager tun gern mal so, als würde ihnen nichts mehr am Herzen liegen als das Allgemeinwohl. Das klassische Geld-Geschäft scheint zweitrangig. Stattdessen wollen sie mit ihrer Firma lieber die Welt verbessern. In der Praxis liegt der „Corporate Purpose“ (höhere Zweck eines Unternehmens) dann meist darin, irgendeinen „Mehrwert“ für jemanden zu schaffen — für den Mitarbeitenden, den Kunden, die Umwelt oder gleich die ganze Gesellschaft.

Wirtschaftsjournalist Jens Bergmann analysiert in seinem Buch 100 Phrasen deutscher Manager.
Wirtschaftsjournalist Jens Bergmann analysiert in seinem Buch 100 Phrasen deutscher Manager.
Stefan Ostermeier

Wer einfach gängige Floskeln zu „Werten“ zusammensetzt, darf sich allerdings nicht wundern, wenn sich die erklärten Leitbilder mit denen anderer doppeln. Bergmann nennt dafür zwei Beispiele in seinem Buch. So schreibt die Firma Henkel auf ihrer Website: „Nachhaltig Werte schaffen ist unser Unternehmenszweck, der alle bei Henkel vereint.“

Blöd nur, dass offenbar auch die Timm Fleisch- und Wurstmanufaktur GmbH in Oberhausen dieses höhere Ziel zu verfolgen scheint. Denn auch hier heißt es, „Nachhaltig Werte schaffen“ sei „der Unternehmenszweck, der alle bei der Timm Fleisch- und Wurstmanufaktur GmbH vereint.“

Was für eine Strategie?

Unternehmenslenker nutzen leere Phrasen auch gerne, um über die eigene Inkompetenz hinwegtäuschen. „Strategie steht ganz hoch im Kurs“, sagt Bergmann. „Jeder Top-Manager, der etwas auf sich hält, behauptet eine zu haben — während man sich in Wahrheit nur durchwurschtelt.“ Obwohl Manager regelmäßig mithilfe schicker Power-Point-Präsentationen versuchen ihrer Belegschaft glaubhaft zu vermitteln, einen Plan zu haben, wissen laut einer Untersuchung von Harvard Business Review bis zu 95 Prozent aller Angestellten nicht, welche Strategie ihr Unternehmen eigentlich fährt — oder verstehen sie schlichtweg nicht. „Business Bullshit schafft ein Scheinverständnis von Sachverhalten“, sagt Bergmann. „Und führt deshalb in die Irre.“

Das geht soweit, dass manche Phrasen überhaupt keinen Sinn mehr ergeben. Da ist dann von „zentralen Eckpfeilern“ die Rede. Oder davon, in punkto Agilität „gut aufgestellt“ zu sein. Das steht in einem Widerspruch. „Entweder ich bin agil oder gut aufgestellt“, sagt Bergmann. Denn Agilität bedeutet im Grunde nichts anderes, als seine Aufstellung ständig zu verändern. So manche Führungskraft nimmt sich auch gewöhnliche Wörter und packt sie in einen ungewöhnlichen Zusammenhang. Statt Wasser „setzen“ Manager dann Prozesse neu „auf“. Wirtschaftsgrößen „rollen“ auch nicht den Teig, sondern vielmehr Technik oder globale Geschäfte „aus“.

Warum Manager reden, wie sie reden

Das Paradoxe: „Derjenige, der den Bullshit verbreitet, glaubt nicht wirklich daran“, sagt Bergmann. „Und die, die sich das ständig anhören müssen, auch nicht.“ Trotzdem sind ganze Abteilungen in Unternehmen damit beschäftigt, diesen ständig in die Welt zu kommunizieren.

Bergmann hat in seinem Buch dafür eine simple Erklärung: Die gesellschaftlichen Anforderungen an Unternehmen steigen. Sie sollen möglichst sorgsam mit der Umwelt umgehen, ihre Belegschaft gut behandeln, andere nicht ausbeuten. Weil diese Ansprüche aber schwer mit den geltenden Spielregeln des Kapitalismus vereinbar sind, greifen Manager diese meist nur rhetorisch auf. „Man ändert nicht wirklich etwas“, sagt Bergmann. „Behauptet das aber.“ Heraus kommt Business Bullshit.

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Titelbild „Aufstehen, Karriere machen“

Nun betrifft dieses Phänomen nicht nur Manager. Politiker und Verbandsmitglieder bedienen sich genauso mal an leeren Phrasen wie Sportler, Promis, Kirchenvertreter, Wissenschaftler, Coaches, Journalisten oder ganz normale Angestellte. „Grade für diejenigen, die keine Ahnung haben aber trotzdem irgendetwas sagen wollen, eignet sich dieser Jargon besonders gut“, sagt Bergmann. Deswegen begegnen wir auch ständig und überall dieser Art von Begriffen. Unternehmen und die, die sie führen, sind aber laut dem Autor die unangefochtenen Spitzenreiter, wenn es um die Verbreitung von Business Bullshit geht.

Was verwundert: Dass Manager durch alle Branchen hindurch den gleichen Sprachmüll fabrizieren. Denn eigentlich streben Unternehmen danach, sich von ihren Wettbewerbern zu unterscheiden. Trotzdem dreschen sie überall die gleichen Phrasen. In bestimmten Bereichen ist man für Business Bullshit allerdings dann doch etwas anfälliger als in anderen. „Unternehmensberater tragen zum Beispiel besonders dazu bei“, sagt Bergmann. Denn im Grunde bestehe ihr Job darin, mit modischen Begriffen zu handeln und den zu beratenden Kunden zu suggerieren, dass man den Durchblick habe. Das heißt dann Big Picture“, sagt Bergmann.

Zwischen Schein und Sein

Business Bullshit dient dazu der Öffentlichkeit ein makelloses Firmenimage zu präsentieren, während es im Inneren oft mächtig brodelt. Das heißt aber nicht, dass man jeden täuschen kann. „Die Mitarbeiter wissen, dass die Wirklichkeit oft nicht so aussieht, wie es im Nachhaltigkeitsbericht steht“, sagt Bergmann. Die breite Öffentlichkeit bekommt von den Lügen mancher Manager immer mal wieder durch publikumswirksame Skandale etwas mit.

Wer privat auf einen Schwafler trifft, kann diesen auch leicht entlarven — indem er ihn zum Beispiel höflich fragt, was er unter dem Begriff „Blockchain“ eigentlich genau versteht. „Viele Manager verwenden gern angesagte Begriffe wie Blockchain, künstliche Intelligenz oder DNA, ohne deren Bedeutung zu kennen oder sich auch nur dafür zu interessieren“, sagt Bergmann. Oder aber man fragt, wie die Phrase „Am Ende des Tages“ gemeint ist. Bedeutet das heute Abend? Oder nächste Woche? Oder nie?

Die Konsequenz aus Business Bullshit ist, dass bestimmte Wörter so inflationär gebraucht und bis zur Unkenntlichkeit verzerrt werden, dass man sie irgendwann nicht mehr verwenden kann. „Wenn alle von New Work oder Agilität reden, verlieren diese Begriffe irgendwann jede Bedeutung“, sagt Bergmann. Das ist deswegen problematisch, weil die Werte und Wünsche, die hinter dem Business Bullshit stehen, ja häufig wichtig und ehrenvoll sind.

Der Ansatz des „New Work“ zum Beispiel stammt ursprünglich von dem Philosophen Frithjof Bergmann. Mitte der 70er Jahre entwickelte er ein Konzept, das versuchte das Prinzip der Arbeit umzudenken. Die Erwerbsarbeit wird demnach reduziert, damit sich der Mensch selbst verwirklichen kann. Heute macht jeder “ New Work“ der einen Tischkicker in der Büroküche stehen hat.

Ähnlich verhält es sich mit der Nachhaltigkeit: Ein Begriff aus der Forstwirtschaft, der im Ursprung bedeutete, nicht mehr Bäume abzuholzen als nachwachsen können. Die ökologische Bewegung hat den Begriff weitergetragen. Mittlerweile hat vom Tabakunternehmen bis zum Autobauer jedes Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht.

Mehr Klartext aus den Managementetagen zu hören, wäre also nicht nur erfrischend, sondern auch höchst sinnvoll. Diesen zu reden ist für Manager aber ziemlich riskant. Denn mit der Mode zu gehen bedeutet Sicherheit. Niemand gibt gerne zu, dass sein Unternehmen so gar nicht agil ist. Da ist man lieber „gut aufgestellt“ — vielleicht mit noch ein bisschen „Luft nach oben“.

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